Staatlich empfohlener Sterbeprozess für (un-) mündige Bürger

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Anonymous

Staatlich empfohlener Sterbeprozess für (un-) mündige Bürger

Beitrag von Anonymous »

Deutschland: Staatlich empfohlener Sterbeprozess für (un-) mündige Bürger ?


Der Gastbeitrag in der Zeitung «Bild am Sonntag» vom 11.11.07 "Kein Geschäft mit dem Tod" von Brigitte Zypries (SPD) Bundesjustizministerin, hat mich einerseits sehr betroffen gemacht und andererseits empört.

Neben dem indirektem Eingeständnis, das es in Deutschland für Schwerstkranke an der erforderlichen Palliativmedizin mangelt bzw. diese nicht ausreichend ausgebaut ist, um mit modernsten Mitteln und Hilfen dafür zu sorgen, dass Schwerstkranken unnötiges Leiden und Schmerzen erspart bleibt, spricht sie sich sehr rigoros gegen die Sterbehilfe nach Schweizer Muster und grundsätzlich gegen Sterbehilfeorganisationen aus, die nach ihrer Auffassung Geschäftemacher des schnellen, kalten Todes sind.


Keine Worte oder Fragen von ihr darüber, warum und aus welchen Gründen diese zwei Menschen ausgerechnet auf einem Autobahnrastplatz gestorben sind.

Keine Worte oder Fragen von ihr zum Selbstbestimmungsrecht eines mündigen Bürger und das diese 2 Menschen sich freiwillig dazu entschieden haben und auch das unbedingte Recht dazu hatten.

Kein Wort darüber, das ein mündiger, unheilbar todkranker Bürger, selbst darüber bestimmen darf, ob er vollgepumpt mit Betäubungs- und Schmerzmittel noch Wochen- oder monatelang in einer Palliativmedizinischen Einrichtung bis zum bitteren Ende verbringen möchte, wie es Frau Zypries gerne hätte, oder es vorzieht einen schnellen selbstbestimmten Tod zu wählen.


Ich habe die berechtigte Befürchtung, das es in Deutschland auf Jahrzehnte keine Sterbehilfe nach Schweizer Modell geben wird. In dieser Hinsicht gibt es keine Fortschritte sondern eher Rückschritte.

Die nicht nur in der Schweiz, sondern auch in Deutschland zu beobachtenden Aktivitäten auf politischer Ebene, in der Presse usw. könnten letztendlich dazu führen das die Sterbehilfe in der Schweiz, für Nicht- Schweizer untersagt und verboten wird.

Mit freundlichen Grüßen
Anonymous

Beitrag von Anonymous »

Folgendes muss ich noch hinzufügen:


Derartige Länderübergreifende "leider nicht aus der Luft gegriffenen" Berichte in der Presse, fügen der humanen Sterbebegleitung schweren Schaden zu !

Wer diese Berichte in der Presse liest und nicht die wahren Hintergründe kennt, wird derartigen, teilweise wahren, einseitigen und oberflächlichen Aussagen einer Jutizministerin Glauben schenken, auch wenn sie nur in einer für Schlagzeilen bekannten Zeitung stehen.

Ich bin seit 5 Jahren stilles Mitglied bei Dignitas und frage mich nun, warum musste für diese bedauernswerten Menschen ausgerechnet ein (Autobahn?) Parkplatz für Ihr selbstbestimmtes Ableben ausgewählt werden?

Gab es denn wirklich keine Zeit oder Möglichkeit, wenigstens für 1 - 2 Tage irgendwo in der Schweiz ein Hotelzimmer oder eine Ferienwohnung anzumieten ?


So möchte ich eigentlich nicht sterben, wenn meine Stunde gekommen ist und es wirklich keine Hoffnung mehr gibt zum weiterleben. Wenn schon nicht in vertrauter heimatlicher Umgebung sterben, sondern in einem fremden Land, dann wenigstens in einem Hotelzimmer mit Blumen und brennenden Kerzen auf dem Tisch und freundlichen Menschen die mir in den letzten Minuten die Hand halten oder wenigsten bei mir im Zimmer sind.

Ein trauriger Simon
Anonymous

Antwort

Beitrag von Anonymous »

Lieber Simon

Möchte folgendes berichtigen: Die zwei Personen welche auf einem Parkplatz in den Tod begleitet wurden, habe davon Kenntnisse gehabt und haben sich dafür entschieden. Ausserdem handelt es sich nicht um einen Autobahnparkplatz sondern um einen Parkplatz mitten im Wald in der Guldenen im Kt. Zürich. Dieser Parkplatz ist von der Umgebung her sehr schön.

Gruss Priska
Anonymous

Beitrag von Anonymous »

Hallo Priska,

Danke für die Berichtigung.

Mfg. Simon
Ludwig A. Minelli
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Beitrag von Ludwig A. Minelli »

Das Beispiel zeigt, wie dumm Politiker - selbst wenn sie Justizministerin sind - daherreden: Ohne sich über die Fakten zu erkundigen, einfach gewissermassen BILD-Zeitungs-gesteuert. Da wundert man sich nicht über den Zustand der deutschen Politik.

Frau Zypries hat von mir seit langem das Angebot, dass ich mich gerne einmal mit ihr über diese Fragen unterhalten würde, um ihr Kenntnisse zu verschaffen, die sie über die Medien nicht erfahren kann. Nicht-Wissen schützt davor, Wahrheiten zur Kenntnis nehmen zu müssen und hilft, die Freiheit zu bewahren, in der Öffentlichkeit mehr oder weniger gehobenen Unsinn zu verbreiten.

Fragt man sich allerdings, weshalb Politiker gerade im Bereich dieses Themas so abweisend sind, spürt man bald einmal, dass sie Angst vor der Gegenpropaganda der Kirchen in Deutschland haben. Wenn man in Deutschland irgendwo kratzt, kommt dieser schwarze Schimmel zum Vorschein - wie der grüne Schimmel beim französischen Roquefort-Käse.

So kommt es, dass manch ein Politiker - heimlich - unserer Meinung ist, aber er getraut sich nicht, es zu sagen.
Jutta Redmann
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Beitrag von Jutta Redmann »

Ich teile ausdrücklich die Meinung von Simon und Ludwig A. Minelli!
Als deutsche Journalistin und Krebsbetroffene schockiert mich die völlig einseitige Medienberichterstattung über die Schikanen, denen Dignatis derzeit ausgesetzt ist. Und mich schockiert gleichermaßen die von keiner Sachkenntnis getrübte Argumentation der Bundesjustizministerin. Sie ignoriert den Willen vieler unheilbar kranker Menschen auf ein selbstbestimmtes Ende und spielt erneut Palliativmedizin gegen begleiteten Suizid aus.
Keine der attackierenden Politiker und Medien fragt nach den Gründen, weshalb die beiden Deutschen auf dem Waldparkplatz aus dem Leben schieden. Die Empörung wird politisch instrumentalisiert und trifft in Deutschland auf allzu fruchtbaren Boden. Wieder einmal sehen viele Politiker, Kirchen und Hospizbewegung sowie die meisten Medien die Chance, die ungeliebten Schweizer Sterbehilfeorganisationen an den Pranger zu stellen. Flugs werden alte parlamentarische Initiativen aus dem Papierkorb geholt und neu eingebracht.
Ich teile auch die Befürchtungen, dass es Deutschen ganz unmöglich gemacht werden soll, in der Schweiz noch einen assistierten Suizid zu bekommen, der ihnen in ihrer Heimat verwehrt ist und wohl auch bleiben wird. Leider wenden sich auch zunehmend Schweizer gegen diese als Sterbetourismus angeprangerte Hilfe und erschweren Dignitas die Arbeit. Als deutsche schwer Krebskranke, die der Schweizer "Notausgang" immer sehr beruhigt hat, bin ich äußerst beunruhigt!
MfG Jutta Redmann
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