Erfahrung mit Freitodbegleitung

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u-25
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Registriert: Donnerstag 25. Oktober 2007, 11:13

Erfahrung mit Freitodbegleitung

Beitrag von u-25 »

Zum Todestag meiner Frau schaute ich heute auf die WEBsite von Dignitas, und dort auch in das Forum. Mir fiel auf, dass dort keine Berichte über Erfahrungen mit Sterbebegleitung von Dignitas vorhanden sind. Das hat mich dazu bewogen, die Unterstützung durch „Dignitas“ bei meiner Frau ins Forum zu stellen. Ich erwarte weder Kommentare noch Bewertungen. Vielleicht nutzt mein Beitrag ja jemandem.

1. Kurze Krankengeschichte meiner Frau:
-Ab 10/ 01/01 Starke, zunehmende Unterleibschmerzen, vom Hausarzt als psychosomatisch bezeichnet.
- Anf. Mai 02 Arztwechsel
-13.05.02 CT des Mittelbauches: dringender Verdacht auf Peritonealkarzinom
Ab Mai 2002 mehre Operationen, Chemotherapien z.T. mit Ganzkörper/ Teilkörperhyperthermie, die letzte im Juli 2006 mit innovativen Medikamenten in der Uniklinik Kiel
- September 2006: ständiges Erbrechen durch Darmverschluß infolge des fortschreitenden Ovarial/ Peritonealkarzinoms.
- Letzte, erfolglose OP am 5.10.06, weiterhin ständiges Erbrechen. Zu Hause: alle 4 Stunden u.a. sich steigernde Morphiumgaben, Infusionen, anfangs künstliche Ernährung usw.
- 25.10.06 Sterbehilfe bei Dignitas in Zürich

2.Vorbereitender Ablauf/ Erfahrung mit Dignitas
Vorbereitung
- Mitgliedschaft meiner Frau bei Dignitas seit 25.10.05
- Gesuch auf Freitodbegleitung am 06.04.06. Da ich von allen OP- und Arztberichten eine Kopie machte, konnte ich diese dem Gesuch beifügen.
- 10.04.06Schreiben von Dignitas: Es wurden aktuelle Arztberichte- nicht älter als 4 Monate- für die Vorlage beim entscheidenden Arzt angefordert.
- 19.04.06 Schreiben von Dignitas: Gesuch wurde an einen Arzt zur Entscheidung weitergeleitet.
- 24.04.06 Schreiben von Dignitas: „Provisorisches grünes Licht“ (grundsätzliches Einverständnis des Arztes, das Medikament für den Freitod auszustellen). Dies beinhaltet keinen festen Termin.

Aufgrund der katastrophalen Lage meiner Frau wünschte sie am 06.10.06 die Hilfe von Dignitas. Ich telefonierte mit Dignitas und bekam einen Termin am 25.10.06, leider sei es eher nicht möglich. Am 09.10. telefonierte ich nochmals, mit der Bitte, den o.a. Termin vorzuziehen- die Situation meiner Frau war inzwischen so schlimm, dass ich befürchtete, das sie nicht mehr in der Lage war, den Transport in meinem Wohnmobil (1150 Km) durchzuführen. Leider konnte der Termin nicht vorgezogen werden.

Ablauf
Anreise am 24.10.06. Termin beim Arzt am 25.10. um 11 Uhr. Es erfolgte ein einstündiges, sehr liebevolles Gespräch mit dem Arzt in meinem Wohnmobil (meine Frau war nicht mehr in der Lage, die Praxis zu betreten). Anschließend stellte der Arzt das Rezept aus und übergab es der Freitodbegleiterin. Diese fuhr zur Apotheke, ich mit meiner Frau zu der Wohnung.
Nach Abarbeitung der Formalitäten konnte sich meine Frau in das vorhandene Bett legen. Da meine Frau einen Port hatte, wurde das Medikament von der Freitodbegleiterin als Infusion vorbereitet. Danach stellte sie die Kamera an und fragte meine Frau ob sie den Freitod wählen will. Meine Frau bejahte dies und betätigte das Rädchen zum Öffnen der Infusionsflasche. Dieser Vorgang wurde komplett gefilmt. Nach kurzer Zeit schloß sie völlig ruhig und erleichtert die Augen und schlief ein.
Nach dem Tod meiner Frau bat die Sterbebegleiterin mich, einen halbstündigen Spaziergang zu machen. Wieder in der Wohnung rief sie die Behörden an, die nach kurzer Zeit erschienen (Polizei, Staatsanwaltschaft, Amtsarzt). Sie waren anfangs sehr feindselig/ abweisend. Ca. 30 Minuten waren sie im Sterbezimmer meiner Frau allein mit ihr. Als sie das Sterbezimmer verließen waren sie zu meiner Überraschung recht freundlich und verabschiedeten sich.
Ich verabschiedete mich von meiner Frau und fuhr zurück nach Norddeutschland.
Ca. nach 6 Wochen kam die Urne meiner Frau beim Beerdigungsinstitut an, und ich konnte die Beerdigung durchführen.

Empfehlung
- Wichtig erscheint mir Kopien von aussagekräftigen OP/ Arztberichten zu besitzen (nicht älter als 4 Monate), um das „Provisorische grüne Licht“ zu erhalten.
- Problematisch ist, einen kurzfristigen Termin zur Freitodbegleitung zu erhalten. Ca. drei Wochen sind hier erforderlich (s.o.). Ein Vorziehen des Termins war trotz des katastrophalen Zustandes meiner Frau nicht möglich!

Bewertung
Die Art des Sterbens meiner Frau war so, wie ich es nicht nur mir wünschen würde: sanftes Einschlafen. Dies ist für mich ein letzter Teil eines menschenwürdigen Lebens.
Als erstes gilt mein Dank Herrn Minelli, der die Erlösung meiner Frau auf diese humane Weise überhaupt ermöglichte!
Die einfühlsame und verbindliche Art des beurteilenden Arztes und der Freitodbegleiterin machten unsere Situation soweit es ging erträglich. Ich werde dies den betroffenen Personen nie vergessen!
Den Behörden war anzumerken, dass sie der von Dignitas ermöglichten Freitodbegleitung abweisend gegenüberstanden.

Wie schon erwähnt, bitte keine Kommentare oder Bewertungen. Fassen Sie dies als meine Information an Interessierte auf. Auf meine Emotionen habe ich verzichtet, sie sind bei Informationen nicht hilfreich.
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