Ein lebenslanges "JEIN" zum Leben...

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Lena-Marie
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Ein lebenslanges "JEIN" zum Leben...

Beitrag von Lena-Marie »

Hallo,

möcht mich auch mal vorstellen, bzw. erklären, warum ich hier bin.

Ich war ein nichtgewolltes und ungeliebtes Kind, das schreibe ich nur, weil ich mir damit erkläre, warum ich kein Urvertrauen ins Leben finden konnte. Ich denke, dass dieses verantwortlich dafür ist, wie wohl oder unwohl man sich im Leben fühlt oder -viel wichtiger in meinen Augen- wie sehr man die Widrigkeiten des Lebens verkraftet.

Als Kind wollte ich schon nur sterben und mit 16 -im Internat- wollte ich mich mit meiner Freundin zusammen umbringen. Ihr Vater war Arzt und sie hatte nach den Ferien ein Riesenglas mit Schlaftabletten mitgebracht, die sie in seiner Praxis geklaut hatte.

Jede von uns nahm abends eine Handvoll, dann legten wir uns ins Bett und warteten darauf, einzuschlafen und zu sterben. Aber anstatt einzuschlafen, ging mein Kopfkino an und ich hatte nach wenigen Minuten fürchterliche Angst, meine Eltern damit unglaublich traurig zu machen. Ich dachte, obwohl ich sie nicht liebte und mich ihnen nur verpflichtet fühlte, das darf ich nicht.

Ich stürzte in die Toilette und steckte mir den Finger in den Hals und erbrach mich.

Ins Zimmer zurückgekommen, wollte ich auch meine Freundin davon abhalten, aber die war nicht mehr ansprechbar. Ich erschrak fürchterlich und benachrichtigte unseren Familienvater, unseren Deutsch- und Geschichtslehrer. Dann gings schnell, Notarzt, Krankenhaus, Magenauspumpen usw. Sie hat überlebt und war mir zum Glück auch nicht böse, als sie nach zwei Wochen wiederkam.

Was blieb, war eine Todessehnsucht, die einfach nie wegging. Sie gehörte aber dermassen zu mir und meinem Leben, dass ich es anders garnicht kannte.

Ich bekam jung drei Kinder und damit eine "Existenzberechtigung". Ich war (und bin :wink: ) unglaublich gerne Mutter. Ich gab meinen Kindern all das, was ich nie hatte: Liebe! Und davon ganz arg viel!

Nun sind sie erwachsen, sie brauchen mich nicht mehr und ich falle wieder in mein so bekanntes "Loch". Ich schaffe es einfach nicht, mal nur für mich zu leben. Ich schaffe es nicht, EINFACH NUR ZU SEIN, so wie es z.B. der Buddhismus als Ziel erklärt.

Seit meiner Jugend nehme ich Antidepressiva, weil ich ohne dieses Medikament einfach nur dasitze und ununterbrochen weine, einfach "so". Es sprudelt nur so aus mir heraus. Mein Arzt sagte mir schon vor Jahrzehnten, dass das an meinem Gehirnstoffwechsel liegt, an dem Serotonin, mein Gehirn baut es zu schnell wieder ab. Ich habe keine Chance, glücklich, zufrieden und ausgeglichen zu sein ohne dieses Medikament.

Doch auch dieses Medikament konnte nicht verhindern, dass in mir wieder diese entsetzliche Sinnkrise und die Todessehnsucht aufgeflammt ist.

Sie hat mich auf die Seiten von Dignitas geführt und mit grossen Neidgefühlen habe ich mir die Videos der Leute angeschaut, die mit diesem Medikament so leicht in den Tod geglitten sind.

Dann habe ich dieses Forum entdeckt und seitdem lese ich stundenlang ununterbrochen eure Geschichten und lasse sie auf mich wirken.

An ihnen erkenne ich, "wo ich stehe", wieweit mein eigener Wunsch zu sterben ist und stelle ihn ins Verhältnis zu meinem Lebenswillen.

"Lebenswillen", das ist eigentlich ein Fremdwort in meinem Leben, denn ich denke, ich lebe nicht, sondern ich versuche mein ganzes Leben lang schon, MEIN LEBEN ZU ÜBERLEBEN!

Aber das kann es ja auch nicht sein. :(

Ich spüre: Ich brauche noch viel Zeit, ich muss noch viel hier lesen, muss noch viel nachdenken darüber, ob es für mich Sinn macht, das letzte Lebensdrittel zu leben, oder lieber jetzt -wo ich meine "Pflicht" getan habe- doch lieber aus dem Leben gehe.

Ich weiss es (noch) nicht........


Liebe Grüsse

Lena

Nachtrag:

Ich mache schon ein Leben lang immer wieder Psychotherapie. Mein Therapeut fragte mich einmal: "Waren Sie irgendwann in Ihrem Leben auch mal glücklich?" Und ich sagte: "Ja, als meine Kinder geboren wurden" Und er (ganz vorwurfsvoll und verständnislos): "Aber Sie können doch jetzt nicht ein Kind nach dem anderen in die Welt setzen, nur um glücklich zu sein!"

Das war mir auch klar. Aber sonst gab es leider keinen Grund. :(
Zuletzt geändert von Lena-Marie am Montag 28. Mai 2012, 02:01, insgesamt 4-mal geändert.
Lena-Marie
Beiträge: 722
Registriert: Mittwoch 16. Mai 2012, 07:50

Re: Ein lebenslanges "JEIN" zum Leben...

Beitrag von Lena-Marie »

Dieses Gedicht und dieses Lied lieb ich sehr:


Theodor Storm (1817-1888)


Beginn des Endes

Ein Punkt nur ist es, kaum ein Schmerz,
Nur ein Gefühl, empfunden eben;
Und dennoch spricht es stets darein,
Und dennoch stört es dich zu leben.

Wenn du es andern klagen willst,
So kannst du's nicht in Worte fassen.
Du sagst dir selber: »Es ist nichts!«
Und dennoch will es dich nicht lassen.

So seltsam fremd wird dir die Welt,
Und leis verlässt dich alles Hoffen,
Bist du es endlich, endlich weißt,
Dass dich des Todes Pfeil getroffen.

*********************************************


http://www.youtube.com/watch?v=WYAC2QkBeNU



Ludwig Hirsch


Komm grosser schwarzer Vogel, komm jetzt!
Schau, das Fenster ist weit offen,
schau, ich hab Dir Zucker auf's Fensterbrett g'straht.

Komm grosser schwarzer Vogel, komm zu mir!
Spann' Deine weiten, sanften Fluegel aus
und leg s' auf meine Fieberaugen!
Bitte, hol mich weg von da!

Und dann fliegen wir rauf,
mitten in den Himmel eini,
in a neue Zeit, in a neue Welt,
und ich werd' singen, ich werd' lachen,
ich werd' "das gibt's net" schrei'n,
weil ich werd' auf einmal kapieren,
worum sich alles dreht.

Komm grosser schwarzer Vogel, hilf mir doch!
Press' Deinen feuchten, kalten Schnabel
auf meine wunde, auf meine heisse Stirn!

Komm grosser schwarzer Vogel,
jetzt waer's grad guenstig!
Die anderen da im Zimmer schlafen fest
und wenn wir ganz leise sind,
hoert uns die Schwester nicht!
Bitte, hol mich weg von da!

Und dann fliegen wir rauf,
mitten in den Himmel eini,
in a neue Zeit, in a neue Welt,
und ich werd' singen, ich werd' lachen,
ich werd' "das gibt's net" schrei'n,
weil ich werd' auf einmal kapieren,
worum sich alles dreht.

Ja, grosser schwarzer Vogel, endlich!
Ich hab' Dich gar nicht reinkommen g'hoert,
wie lautlos Du fliegst,
mein Gott, wie schoen Du bist!

Auf geht's, grosser schwarzer Vogel, auf geht's!
Baba, ihr meine Lieben daham!
Du, mein Maedel, und du, Mama, baba!
Bitte, vergesst's mich nicht!

Auf geht's, mitten in den Himmel eini,
nicht traurig sein, na, na, na,
ist kein Grund zum Traurigsein!

Weil ich werd' singen, ich werd' lachen,
ich werd' "das gibt's net" schrei'n,
weil ich werd' auf einmal kapieren,
ich werd' gluecklich sein!
Ich werd' singen, ich werd' lachen,
ich werd' "das gibt's net" schrei'n,
weil ich werd' auf einmal kapieren,
ich werd' gluecklich sein!
Ich werd' singen, ich werd' lachen,
ich werd' endlich gluecklich sein!

*********************************************

Mein Lieblingszitat

Niemand weiß, was der Tod ist,
ob er nicht für den Menschen
das Größte ist unter allen Gütern.

Sie fürchten ihn aber,
als wüßten sie gewiß,
daß er das größte Übel ist.

Platon
livorna
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Re: Ein lebenslanges "JEIN" zum Leben...

Beitrag von livorna »

Lena-Marie, mir geht es ähnlich wie dir. Ich habe auch keine "Existensberechtigung", zumindet empfinde ich so. "Einfach nur sein"-dürfen, alleine dieses Gefühl zu haben, macht es wohl einfacher im Leben. Ich habe immer nur gehört, "niemand will dich, du bist falsch, machst nichts richtig, musst weggesperrt werden" usw. Jetzt ist in mir nur ein "du darfst nicht sein", du solltest nicht leben, du hast keinen Platz im Leben usw.
Lena-Marie
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Re: Ein lebenslanges "JEIN" zum Leben...

Beitrag von Lena-Marie »

..muss ich grad mal hier "zwischenparken", weil ich darüber mal nachdenken will...
Man nennt dies
dann in der Fachsprache narzisstische Kränkung.
WIWO: Was bedeutet das?
Wolfersdorf: Man zerbricht an seinem eigenen Ideal. Das
Selbstbild hält der Wirklichkeit nicht mehr stand.
Lena-Marie
Beiträge: 722
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Re: Ein lebenslanges "JEIN" zum Leben...

Beitrag von Lena-Marie »

Dieses Gedicht passt gut zu mir :(
Die Macht der Gewohnheit und 'Es ist nicht meine Schuld'

1. Ich gehe die Straße entlang.
Da ist ein tiefes Loch im Gehsteig.
Ich falle hinein.
Ich bin verloren ... Ich bin ohne Hoffnung.
Es ist nicht meine Schuld.
Es dauert endlos, wieder herauszukommen.

2. Ich gehe dieselbe Straße entlang.
Da ist ein tiefes Loch im Gehsteig.
Ich tue so, als sähe ich es nicht.
Ich falle wieder hinein.
Ich kann nicht glauben, schon wieder am gleichen Ort zu sein.
Aber es ist nicht meine Schuld.
Immer noch dauert es sehr lange, herauszukommen.

3. Ich gehe dieselbe Straße entlang.
Da ist ein tiefes Loch im Gehsteig.
Ich sehe es.
Ich falle immer noch hinein ... aus Gewohnheit.
Meine Augen sind offen.
Ich weiß, wo ich bin.
Es ist meine eigene Schuld.
Ich komme sofort heraus.

4. Ich gehe dieselbe Straße entlang.
Da ist ein tiefes Loch im Gehsteig.
Ich gehe darum herum.

5. Ich gehe eine andere Straße. (Rinpoche, 50 ff.):
Nur garnicht so leicht, die "andere Strasse zu finden" :roll:
Lena-Marie
Beiträge: 722
Registriert: Mittwoch 16. Mai 2012, 07:50

Re: Ein lebenslanges "JEIN" zum Leben...

Beitrag von Lena-Marie »

Was unterscheidet den gläubigen Menschen
vom spirituellen?

Glaube:
Etwas zu glauben ist Sache des Gehirns,
nicht des Herzens. Und der Gefährte des
Glaubens ist der Zweifel - denn alles, was das
Gehirn glaubt, wird sofort von einem anderen
Teil des Gehirns in Frage gestellt.
(WEGE 4/05 - 15)

Spiritualität:
Ganz anders hingegen verhält es sich bei der
Spiritualität. Zusammen mit ihrer Gefährtin,
der Gewissheit, gebärt sie Mut und Vertrauen.
Mut, den eigenen Weg zu gehen und sich auf
die Reise ins Innere zu begeben - und das
Vertrauen darin, in einem größeren
Zusammenhang sicher aufgehoben zu sein.
Der spirituelle Mensch wagt immer wieder
aufs Neue den Sprung ins Ungewisse, weil er
tief in sich erfahren hat und ohne jeden
Zweifel weiß, dass es nichts gibt, vor dem er
Angst haben müsste. (WEGE 4/05 - 17)
Lena-Marie
Beiträge: 722
Registriert: Mittwoch 16. Mai 2012, 07:50

Re: Ein lebenslanges "JEIN" zum Leben...

Beitrag von Lena-Marie »

Das Erkennen des Lebensplanes

»Wie kann ich wissen, was ich vor meiner Inkarnation versprochen
habe?
Indem du dir dein jetziges Schicksal oder Lebenspanorama in
Erinnerung rufst, und es von Jugend auf, so weit du diese Jugend
zurückverfolgen kannst, aufzeichnest:
Warum bist du gerade in diese Familie gekommen? Warum
hast du gerade diese Schulbildung? Warum bist du gerade in
diese Gemeinschaft gekommen? Warum bist du gerade in diese
ungute Situation gekommen, die dir Schwierigkeiten bereitet
hat? Warum hast du diesen Bruder, diese Schwester als Partner
gewählt? Warum bist du allein geblieben? Warum bist du mit
deinen Eltern so lange zusammengewesen? Warum hast du
diesen oder jenen schweren Schicksalsschlag erleiden müssen,
der dich fast erdrückte? ... usw. usf.
Daraus ergibt sich für ein intensiv geschultes Geistwesen im
Menschenkörper viel, was er da herauskriegt ... Ihr werdet erkennen,
… dass ihr das eine oder andere nicht getan habt, obwohl
ihr es aus heutiger Sicht hättet besser machen können.
Aber es ist noch nicht zu spät: Ich kann es in irgendeiner anderen
Form wiedergutmachen.« (** Weidner 1, 203 ff.)

»Die Menschen werden bei richtiger Auffassung vom tiefen
Sinn des Lebens ganz von selbst zu suchen beginnen, wo ihre
Aufgaben liegen, in welcher Richtung sie gefördert werden
müssen und welche Grundlagen ihnen dazu schon ins irdische
Dasein mitgegeben sind, was sie also schon in vergangenen Leben
erarbeitet haben. Seine Aufgaben zu erfüllen, ist es nie zu
spät, denn die Erkenntnis reift oft erst in reiferen Jahren, wenn
der Mensch befähigt ist, sich selbst zu erkennen und zu beurteilen,
was im Verlauf des ganzen Lebens zu seinem geistigen
Fortschritt beigetragen und was ihn behindert oder unmöglich
gemacht hat.« (** Nowotny 1, 167)

»Weil jede Prüfung für euch ein Geheimnis birgt, wisst ihr
nicht, ob sie dafür da ist, um euch im Kampfe zu stärken, um
euch etwas zu offenbaren, das ihr nicht kennt, oder um irgendein
Vergehen zu sühnen. Doch weicht niemals vor den Prüfungen
zurück, denn dazu sind sie nicht gesandt worden; auch gehen
sie nicht über eure moralischen oder seelischen Kräfte.«
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