Es den Angehörigen so angenehm wie möglich machen

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mau
Beiträge: 2
Registriert: Dienstag 6. Dezember 2011, 08:35

Es den Angehörigen so angenehm wie möglich machen

Beitrag von mau »

Was ist bei der Organisation zu beachten, um es den Angehörigen so angenehm wie nur irgendwie möglich zu machen?
Ich dachte z.B. daran meine Wohnung weitestgehend vorzubereiten, also alles für einen Auszug bereits in Kisten zu packen. Möbel auseinander zu bauen etc., eventl. Sachen zu verkaufen oder wegzuwerfen, alles blitzeblank zu machen.
Mit all den anderen organisatiorischen Sachen kenne ich mich kaum aus. Habt ihr Rat, was sonst unbedingt zu beachten ist?

Eine weitere Frage, die mich sehr beschäftigt ist, inwieweit ich die Verbreitung meines Suizids möglichst unterbinden kann. Ich beabsichtige, nur meinen Eltern und meinem Geschwister einen Abschiedsbrief zu schreiben, aber keinem Freund, keiner Freundin. Da meine Eltern auf einem Dorf leben, habe ich dennoch die Befürchtung, dass sich das schnell rumsprechen könnte. Klar, mir könnte das herzlich egal sein, da ich schließlich nix mehr mitbekomme, ist es mir aber nicht.
Ich frage mich ohnehin, ob und wann es letztlich auch die Freunde erfahren würden, wenn diese zu meiner Familie keinen Kontakt haben.

Desweiteren frage ich mich, was nach dem Leichenfund mit mir passiert, wenn ich Abschiedsbriefe, Patientenverfügung und Betreuungsvollmacht bei mir habe. Werde ich obduziert, wird in lokalen Zeitungen darüber berichtet? Ließe sich beides unterbinden?

Ich glaube es wird klar, dass ich möglichst unauffällig "verschwinden" möchte und den Angehörigen möglichst wenig zusätzliche Unannehmlichkeiten bereiten möchte.
Seelenqual
Beiträge: 36
Registriert: Samstag 27. August 2011, 14:12

Re: Es den Angehörigen so angenehm wie möglich machen

Beitrag von Seelenqual »

Also ich glaube, dass es weniger wichtig ist, alles in Kisten zu packen und die Wohnung blitzeblank zu hinterlassen. Ich halte es für viel wichtiger zu Lebzeiten schon mit den Angehörigen zu sprechen über die Suizidalität/ den Todeswunsch und vor allem die Gründe.
So gibt man ihnen die Möglichkeit, sich damit zu deinen Lebzeiten schon auseinander zu setzen. Man gibt ihnen die Möglichkeit, alles, was sie auf dem Herzen haben, mit einem zu besprechen. Und so verhindert man auch, dass sie nach dem Tod von dir, alle Schuld bei sich suchen. Und sich die quälende Frage nach dem WARUM? stellen. Ich hinterlasse ihnen auch alle meine Tagebücher und persönlichen Dinge, ich möchte keine Geheimnisse hinterlassen. Ich will, dass meine Angehörigen meinen Suizid verstehen.
Ich weiß selbst, dass das für einen sehr riskant ist von wegen, dass es auch passieren kann, dass man vorrübergehend in der Psychiatrie landet.
Es gab eine Zeit da habe ich ihnen sogar meinen Suizid direkt angekündigt. Das war falsch. Und das tue ich heute nicht mehr und sage ihnen auch, dass ich keine Ankündigungen mehr mache.

Dazu, ob du obduziert wirst:
Also ich denke, wenn die Todesursache ganz klar ist und Mord ausgeschlossen werden kann, dann erfolgt keine Obduktion. Du könntest in deine Patientenverfügung reinschreiben, dass du es nicht möchtest.

Die Verbreitung des Suizids zu unterbinden, ich glaub das ist nicht möglich. Aber warum ist dir daran gelegen. Ich z. B. kann zu meiner Tat dann stehen, ich möchte sogar, dass alle wissen, es war Suizid. Aber vllt. könntest du es irgendwie wie einen Unfall aussehen lassen. Oder in den Absaxchiedsbrief reinschreiben, dass du möchtest, dass deinen Freunden und den anderen Menschen aus dem Dorf erzählt wird, dass es ein Unfall war. Ich weß ja nicht welche Methode du für dich wählst (?) und ob das damit möglich ist.

In ZEitungen wird nicht darüber berichtet in der Regel, wenns ein Suizid war, wegen der Gefahr von Nachahmungstaten. (obwohl das jetzt ja auch etwas fraglich ist, wenn man mal bedenkt, wie ausführlich sie überall über den CO- Tod der drei Mädchen im Zelt berichtet haben.)..
mau
Beiträge: 2
Registriert: Dienstag 6. Dezember 2011, 08:35

Re: Es den Angehörigen so angenehm wie möglich machen

Beitrag von mau »

Ich glaube nur negatives zu bewirken, wenn ich meine Suizidalität in meiner Familie thematisieren würde. Klinikeinweisung, Sorge, Unverständnis...
Wie kann ich mir solch ein Gespräch überhaupt vorstellen? Und was, wenn das mit dem Vollzug dann doch nicht klappt?
Denn natürlich sind die Gefühle ambivalent und ich möchte im Grunde auch nicht sterben, ich möchte nur nicht mehr dieses Leben führen. Etliche Schritte, die ich unternommen habe, ein anderes Leben zu führen sind gescheitert. Seit nunmehr über 10 Jahren schon. Als einzigen Ausweg sehe ich also nur noch den Tod.
Aber wie das einem Außenstehenden erklären, der verständlicherweise bemüht sein wird, einen davon abzuhalten?

Es wie einen Unfall aussehen zu lassen, daran habe ich auch schon gedacht, halte ich bei der Weise, die ich plane aber eher für unwahrscheinlich durchsetzbar.

Räumliche Nähe zu mir und dem Elterndorf gibt es auch gar nicht, auch jene Freunde, die aus dem selben Dorf stammen, wohnen nicht mehr in dieser Gegend. Deswegen weiß ich halt nicht, wie schnell es meine Freunde erfahren könnten, da meine Eltern auch keinen Kontakt zu den Freundeseltern haben. Ich weiß noch nichtmal, ob meine Eltern wissen, wie die Freundeseltern aussehen. Mein Geschwister wohnt ebenfalls nicht mehr in der heimatlichen Gegend. Es könnte also tatsächlich passieren, dass es die Freunde sehr spät erfahren, da es auch schon vorgekommen ist, dass wir uns ein Jahr lang mal nicht gesprochen haben. Freunde hier in meinem aktuellen Wohnort dürften noch schwieriger an die Info kommen.
Warum ich eine Verbreitung unterbinden möchte, kann ich gar nicht wirklich erklären. Ich glaube zum einen möchte ich meine Familie schützen, zum anderen möchte ich nicht, dass mir unliebsame Menschen erfahren, dass ich "versagt" habe.
Seelenqual
Beiträge: 36
Registriert: Samstag 27. August 2011, 14:12

Re: Es den Angehörigen so angenehm wie möglich machen

Beitrag von Seelenqual »

Ich glaube nur negatives zu bewirken, wenn ich meine Suizidalität in meiner Familie thematisieren würde. Klinikeinweisung, Sorge, Unverständnis...
Wie kann ich mir solch ein Gespräch überhaupt vorstellen? Und was, wenn das mit dem Vollzug dann doch nicht klappt?
ja, anfangs war das bei mir auch so. ich bin auch mehrmals in der klinik gelandet als dank für meine offenheit.
naja das mit der suizidalität zu kommunizieren - das musste ich eigentlich nicht, zumindest nicht als etwas Neues für meine Angehörigen, da durch meine suizidversuche sie davon zwangsläufig wussten. aber sie haben es dann immer wieder verdrängt - solange bis ich sie mit gesprächen damit konfrontiert habe. ich kann mich noch erinnern, wie ich es meiner mutter am telefon sagte. da bin ich einfach mit der tür ins haus gefallen (das ist so meine art) und habe ihr gesagt, dass ich mit DIGNITAS von der welt gehen will und werde. ich weiß, dass sie verzweifelt angefangen hat, zu weinen. und sie hat es dann den anderen aus der familie mitgeteilt.
da fing es dann an, dass sich jeder auf seine art mit meinem sterbewunsch auseinander zu setzen begann.
also, wie man so ein gespräch aber so ein gespräch vllt. etwas schonender anfangen könnte:
den angehörigen von seinem persönlichen leid erzählen. von der eigenen verzweifelung und dann so sätze sagen,wie "ich kann einfach nicht mehr" " ich will nicht mehr" "ich habe keine kraft mehr, weiter zu leben" oder anstatt: "ich hab gedanken, mich umzubringen" sagt man erstmal: "ich wünsche mir zu sterben" das ist nämlich ein großer unterschied. ersteres ist etwas aktives, letzteres etwas passives.
und, was wenn der suizid nicht klappt?
ja, das durfte ich leider schon sehr oft erleben..
du wirst erfahren, dass deine angehörigen dann sehr erleichtert sein werden, naja und du selbst bist wahrscheinlich völlig verzweifelt - also mir ging es nach einem missglückten versuch immer sowas von schlecht, dass es da keine worte für gibt..die angehörigen würden aber gezeigt bekommen, wie ernst du deine worte meintest, falls sie sie bisher nicht ernst genommen hatten.
Aber wie das einem Außenstehenden erklären, der verständlicherweise bemüht sein wird, einen davon abzuhalten?
da habe ich immer wieder "gepredigt" vom freien Recht auf Leben UND Tod, in das keiner einschreiten darf meiner Ansicht nach. Und ich habe ihnen sehr eindringlich immer wieder betont: Es ist das schlimmste, was man einem Suizidenten antun kann: Ihn einsperren und seines freien Rechts, zu sterben zu berauben. (das gilt für einen Bilanzsuizid)
Ich glaube zum einen möchte ich meine Familie schützen, zum anderen möchte ich nicht, dass mir unliebsame Menschen erfahren, dass ich "versagt" habe.
Ich habe das auch sehr lange bei mir so gesehen, dass ich ein Versager bin. Aber so darf man es nicht sehen! Was können wir dafür, wenn uns schlimme Erlebnisse passieren, die uns zu dem gemacht haben, was wir sind? Was können wir dafür, wenn wir das Leid einfach nicht mehr ertragen, weil es die persönliche, ganz individuelle Grenze des Ertragbaren überschreitet? Und außerdem: Du hast ja versucht - 10 Jahre lang - darum zu kämpfen, ein anderes Leben zu haben! Aber ich würde dir raten: Lege dich nicht fest, dass du dich umbringen willst und vor allem nicht wann. Setze dir keine Deadline, das setzt einen selbst unter Druck. Du sagst ja, dass du eigentlich leben willst, nur nicht so. Ich wünsche dir, dass sich noch Türen auftun für dich Richtung Leben. Gib die Hoffnung nicht auf, manchmal passieren ganz unvorhergesehene Dinge, nahezu Wunder. Das sage ich nicht einfach so, sondern deshalb, weil ich es gerade selbst erlebe:
Also bis vor kurzem war es so, dass ich völlig aufgegeben hatte. ich hatte mich für den Tod entschieden und auch schon für das wann. Dann bekam ich vor ein paar Wochen die Diagnose Asperger-Syndrom. Nun erklärt sich für mich so vieles, warum ich bin wie ich bin und warum alle Therapieversuche nach hinten los gingen und tendenziell alles nur schlimmer gemacht haben. Weil keiner von dieser Diagnose wusste und sie auch deshalb nicht berücksichtigt werden konnte. Bei mir ist jetzt ein Hoffnungsfunken aufgekeimt, wo doch alles schon tot war. Ich sehe wieder ein kleines Licht, dass ich nun Therapien versuchen kann, die speziell auf so Menschen, wie mich zugeschnitten sind. Und dass sie mir helfen könnten.
Welche Therapien hast du denn bereits versucht?
Rasiel
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Registriert: Freitag 26. November 2010, 14:23

Re: Es den Angehörigen so angenehm wie möglich machen

Beitrag von Rasiel »

Eine Obduktion wird mit hoher Wahrscheinlichkeit gemacht.

Du kannst versuchen es zu verhindern, indem du ein Schriftstück offen liegen läßt auf dem die Adresse und Telefonnummer deiner Eltern steht.
Einen Abschiedsbrief an deine Eltern mit der Bitte "keine Obduktion", wobei deine Eltern eigentlich kein Mitspracherecht haben, aber manchmal erfüllt die Polizei und Staatsanwaltschaft (die wird immer eingeschaltet) den Wunsch der Eltern.

Schreibe bitte auch auf, das du nicht möchtest, das über deinen Suizid etwas veröffentlicht wird.
Der Bestatter der dich holt hält darüber stillschweigen und normalerweise auch die Polizei, aber die lieben Nachbarn halt sind vorne dran beim klotzen.

Zeitungen haben einen Ehrenkodex, sie berichten so wenig wie möglich, Namen werden nie genannt, ausser bei extremen Suiziden, wie die 3 Mädchen im Wald, oder wenn Kinder beteiligt sind. Aus Rücksicht auf die Angehörigen.
Bei den 3 Mädchen im Wald wurde nur soviel berichtet (einschließlich der Filmreportage) weil eine der Mütter an die Öffentlichkeit ging.

Bei über 80% der Suizide wird nicht berichtet.
Obduktion entscheidet grundsätzlich der Staatsanwalt.
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