So feig

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Gliese 581 d
Beiträge: 1
Registriert: Sonntag 20. März 2011, 21:39

So feig

Beitrag von Gliese 581 d »

Ich lese hier schon länger still mit. Eines wollte ich aber immer loswerden: Wir Selbstmörder sind feig.

Wir kommen mit diesem Leben nicht klar. Das, was einem Zustößt, kann man meistens nicht beeinflussen, geschweige den vorhersagen.

Nur, was man daraus macht, ist das Entscheidende. Es ist illusorisch zu glauben, jeder, der unter Depressionen leidet, hätte Sorgen. Der strahlende Mensch mit einer glücklichen Kindheit ist illusorisch.

Wir haben uns für den Tod entschieden und wollen uns dem Leben nicht stellen. Es ist wohl ein Weglaufen vor den Problemen. Dass viele in diesem Forum das nicht wahrhaben wollen, ist für mich der Beweis, wie sehr sie die Maßstäbe unserer Gesellschaft übernommen haben. Bloß kein Versagen, keine Schwäche zeigen.


Danke für eure Aufmerksamkeit

GL 581 d
elfmelf
Beiträge: 53
Registriert: Samstag 28. August 2010, 00:45

Re: So feig

Beitrag von elfmelf »

Gliese 581 d hat geschrieben:Wir Selbstmörder sind feig.
<...>
Dass viele in diesem Forum das nicht wahrhaben wollen, ist für mich der Beweis, wie sehr sie die Maßstäbe unserer Gesellschaft übernommen haben. Bloß kein Versagen, keine Schwäche zeigen.
"die Maßstäbe unserer Gesellschaft übernommen haben"
Heißt das nicht auch, den Begriff der "Feigheit" zu akzeptieren?

Ich glaube nicht, daß man von Feigheit sprechen sollte.
Überhaupt:
Was soll das denn sein? Feigheit.

Kein Mensch kann etwas dafür, wie stark seine Kraft ist, wie gut seine Gesundheit ist, wiesehr er jeweils individuell zu Ängsten neigt usw. Natürlich kann man das ein oder andere tun, aber dennoch sind die Menschen grundlegend verschieden ausgestattet (mit Erbanlagen wie mit Umweltbedingungen).

Von Feigheit zu sprechen ist meines Erachtens witzlos, denn wir haben uns unseren Grad an "Feigheit" nicht ausgesucht.

Was ich in der Tat bedenklich finde, sind sehr junge Menschen, die keine andere Lösung als den Tod sehen. Hier sollte man meiner Meinung nach darauf hinarbeiten, daß Auswege möglich sind.

Depression ist nicht für jeden (wahrscheinlich nur für eine Minderheit von Menschen) ein Dauerzustand; viele, die aus einer schlimmen Depression, in der sie sich nur den Tod wünschten und nach Tips Umschau hielten, mühsam irgendwann herausgekommen sind, sind nachher fassungslos, wie sie nur so denken konnten und sind froh, sich für das Leben entschieden zu haben.

Wer aber beispielsweise schon recht alt ist und keinerlei Perspektiven mehr hat (außer quälende und nicht unkorrigierbare), für den stellt ggf. der Tod doch eine erstrebenswerte Aussicht dar.


Gruß, elfmelf
Seelenschmerz
Beiträge: 401
Registriert: Montag 28. Dezember 2009, 16:35

Re: So feig

Beitrag von Seelenschmerz »

Wer es schafft, sich zu töten, der muss auch sehr viel Mut aufbringen und ist in gewisser Art sehr konsequent und ehrlich.

Wer sich dagegen für seine Leiden auch noch selbst fertig macht ("so feig"), der hat wohl die Maßstäbe der Gesellschaft übernommen.
Touhy
Beiträge: 41
Registriert: Samstag 12. März 2011, 23:24
Wohnort: Köln

Re: So feig

Beitrag von Touhy »

Ich glaube nicht, dass es nur die Maßstäbe der Gesellschaft und das "Nichtfunktionieren" sind, die eine Entscheidung zum Suizid erfolgen lässt.
Ich für meinen Teil habe teilweise einen enormen Leidensdruck IN mir selbst. Also einen massiven, teilweise auch körperlich spürbaren inneren Schmerz.
Nach außen hin funktioniere ich aber eigentlich soweit halbwegs.
OK, ich arbeite nicht mehr in meinem erlernten Beruf, mache aber eine Umschulung, in der ich nur Einsen schreibe.
Denke nicht, dass man unter diesen Umständen von Versagen sprechen kann.

Natürlich habe ich insofern "versagt" dass ich mehr als einmal länger krank war und derzeit die Gesellschaft für meine Ausbildung und Einkommen sorgt.
Das Recht habe ich allerdings, denn ich habe auch Sozialbeiträge geleistet.
Von meinen Rentenbeiträgen, davon gehe ich stark aus, werde ich später nichts mehr haben, denn die staatliche Rente wird es dann, wenn ich das entsprechende Alter erreicht haben werde nicht mehr geben. (naja, unter der Voraussetzung, dass ich dieses Alter überhaupt erlebe)

Dennoch sehe ich mich nicht unter dem Druck der Gesellschaft.

Vielleicht ändere ich hierzu aber auch meine Einstellung wieder, wenn ich im neuen Beruf wieder im Arbeitsleben stehe...
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