Europ. Gerichtshof für Menschenrechte - Klage abgewiesen

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ms40
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Europ. Gerichtshof für Menschenrechte - Klage abgewiesen

Beitrag von ms40 »

Was bedeutet das nun? Sind die psychisch Kranken nach wie vor auf sich alleine gestellt?
http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitges ... t-urteil-2
ms40
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Re: Europ. Gerichtshof für Menschenrechte - Klage abgewiesen

Beitrag von ms40 »

david hat geschrieben:solange musst du halt von psychater zu psychater laufen um so ein gutachten zu bekommen. wie in diesem fall kannst du wohl solange laufen bis du schwarz wirst.
Das hat der Betroffene ja auch gemacht. Keiner der 170 Psychiater war bereit, die Zurechnungsfähigkeit schriftlich zu attestieren.
Carlo
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Re: Europ. Gerichtshof für Menschenrechte - Klage abgewiesen

Beitrag von Carlo »

Zürich: Freitag 21. Januar 2011 war der Bericht im Tages-Anzeiger.

Strassburg hat mich enttäuscht.

Nun im Bahnhof Aarau rasen die Züge mit 120 km/h durch den Bahnhof.

In Spreitenbach auch und in Dietikon 100 - 110.

Die Lokführer haben Freunde.

Ich finde es schlimm, dass psychisch Kranke kein Gutachten von einem Psychiater bekommen.

Gruss Carlo
Ludwig A. Minelli
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Re: Europ. Gerichtshof für Menschenrechte - Klage abgewiesen

Beitrag von Ludwig A. Minelli »

Zum Urteil aus Strassburg:

WIe üblich, kann man sich auf die Berichte in den Zeitungen nicht gut verlassen.

Deshalb hier der Link zum Originaltext des Urteils in französischer Sprache:

http://cmiskp.echr.coe.int/tkp197/view. ... n=hudoc-en
ms40
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Re: Europ. Gerichtshof für Menschenrechte - Klage abgewiesen

Beitrag von ms40 »

Wie ihr bereits erwähnt habt, ist ein Psychischkranker nun gezwungen, auf andere Methoden auszuweichen. Es muss nicht gleich der Zug sein. Hier im Forum werden ja viele humane Methoden beschrieben, Helium, Stickstoff usw.

Es hätte mich überrascht, wenn der Europ. Gerichtshof der liberalen Schweiz hätte nahelegen müssen, dass sie auch nur irgendeinem Menschen ein tödliches Mittel in die Hand geben muss. Die umliegenden Länder haben ja nur schon Mühe mit den Begriffen Mündigkeit und Selbstbestimmung.

Gestern Abend war in der 'ARENA', eine schweizer Politiksendung, siehe http://www.sendungen.sf.tv/arena/Sendungen/Arena ein Haufen blödsinniger Argumente zu hören, vor allem von den Befürwortern der Schusswaffeninitiative, welche den Schweizern die Waffe wegnehmen will, währenddem sie der Verbrecher im Graumarkt besorgt. Die naiven Befürworter argumentieren, dass es einen Suizid nicht gebe, wenn das Mittel dazu fehlt. Erstens müssten sie dann alle anderen Mittel auch verbieten und zweitens lässt sich der Suizidwunsch damit nicht unterdrücken. Es verlängert nur das qualvolle Leben.
ms40
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Re: Europ. Gerichtshof für Menschenrechte - Klage abgewiesen

Beitrag von ms40 »

Ludwig A. Minelli hat geschrieben:Zum Urteil aus Strassburg:

WIe üblich, kann man sich auf die Berichte in den Zeitungen nicht gut verlassen.

Deshalb hier der Link zum Originaltext des Urteils in französischer Sprache:

http://cmiskp.echr.coe.int/tkp197/view. ... n=hudoc-en
Ja, das ist die Rattenplage der heutigen Medienwelt. :wink:

Herr Minelli, können Sie uns (als Nicht-Juristen) das Urteil sowie die daraus folgenden Konsequenzen kurz erläutern?

@David: Diese Form der Erpressung ist auch nicht wirklich sinnvoll. Dann wird halt gesagt, dass man alle Leute überwachen einsperren und soll. Es reicht, wenn wir andere Methoden haben. Von den Gesunden lassen wir uns nicht vorschreiben, wie wir zu leben und zu sterben haben. :!: In diesem Thread soll es bitte nur um dieses Urteil und die daraus folgenden Konsequenzen gehen.
Stefan
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Re: Europ. Gerichtshof für Menschenrechte - Klage abgewiesen

Beitrag von Stefan »

david hat geschrieben:wie man daraus ganz klar lesen kann, haben die menschen kein recht darauf, das der staat sie beim suizid unterstützt.
Ja. Und wenn man dem Artikel glauben darf, nochmal der m.E. Kernsatz daraus:

"Ein Mensch habe die Freiheit, über den Zeitpunkt und die Art seines Todes zu entscheiden, befanden die Straßburger Richter. Doch daraus sei keinesfalls die "positive Verpflichtung" eines Staates abzuleiten, eine tödliche Medikamentendosis zur Verfügung zu stellen."

Und ich finde das gut und richtig so! He, Suizid ist straffrei - also macht, was ihr wollt, es ist legal. Und wer "psychisch krank" ist, ist deswegen ja nicht geistig minder bemittelt oder körperlich behindert. Und damit (wenn er nicht gerade dauerhaft auf der geschlossenen Station der Klapsmühle eingesperrt ist) durchaus in der Lage, sich über "private" Suizidmöglichkeiten kundig zu machen, sich die evtl. notwendigen Hilfsmittel dazu zu beschaffen, und das auch selbst zu tun.

Auch der Mann im besagten Artikel, der "seit 20 Jahren an einer psychischen Krankheit mit manisch-depressiven Schüben" leidet, hat durchaus "normale" Phasen, in denen er seinen Suizid sehr wohl selbstbestimmt allein begehen kann. Was ist das für ein Verständnis von "Vater Staat", in so einem Fall Sterbehilfe von Behörden zu verlangen ?!?! Ich kapier's einfach nicht. Derselbe Patient würde sich, da bin ich mir absolut sicher (weil ich das kenne), ganz fürchterlich darüber aufregen, wenn sich der Staat um ihn kümmert, indem er ihn gegen seine Krankheit zwangsbehandelt. Aber vom Staat verlangen, aufgrund der gleichen Diagnose getötet zu werden, das geht plötzlich ?!?!

Nee, echt, ich könnte mich fürchterlich aufregen über so eine anmaßende Erwartungshaltung :shock: Staatliche Sterbehilfe ist m.E. OK für Menschen, die für sich selbst nicht mehr entscheiden können, und die ihren Willen für diesen Fall in Form einer Patientenverfügung niedergelegt haben. Aber wenn jemand körperlich gesund und geistig entscheidungsfähig ist...

Warum zum Teufel sollte er ein Recht darauf haben, dass ihn "der Staat" auf Verlangen tötet? Woraus kann irgendjemand diese absurde Forderung ableiten. Ja, der (deutsche) Staat garantiert grundgesetzlich das Recht auf Selbstbestimmung. Und dem ist vollauf damit Genüge getan, dass sich jeder selbst töten kann, wann / wie / wo er möchte. Ich wiederhole mich, aber mir ist das "Staatsverständnis" der Menschen, die solche Forderungen stellen, absolut nicht nachvollziehbar.

Viele Grüße,
Stefan
Orgeluse
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Re: Europ. Gerichtshof für Menschenrechte - Klage abgewiesen

Beitrag von Orgeluse »

@ Stefan:
Hm, bin am Nachdenken (das mach ich ab und an schreibend - also: dies hier bitte nur als Fragenbündel verstehen, work in progress sozusagen):
1. Wie hälst Du es mit dem ärztlich assistierten (und - wie in der Schweiz - vom Staat nicht sanktionierten) Freitod terminal Erkrankter, also sogen. Todkranker?
2. Dass der Staat nicht gleich das Gift zur Verfügung stellen kann und soll, leuchtet mir völlig ein. Ich dachte aber, dass es darum gar nicht ginge, sondern darum, dass eben ein professionell begleiteter (inkl. rezeptausstellendem Arzt) Freitod legal werden solle auch für sogen. psychisch Kranke? Habe ich da was missverstanden?

Fragt grüßend
Orgeluse
ms40
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Re: Europ. Gerichtshof für Menschenrechte - Klage abgewiesen

Beitrag von ms40 »

Um auf des Pudels Kern zurückzukommen: Das Problem bei den Psychischkranken war doch, dass sie von den Sterbehilfeorganisationen durchaus gegleitet werden würden und meist auch das Mittel dazu bekämen, es aber am psychiatrischen Gutachten zur Zurechnungsfähigkeit mangelte, weil kein Psychiater es auszustellen wagte (streiken). Die 'nur' geistig Kranken werden gegenüber den körperlich Kranken ungleich behandelt, was sehr stossend ist. Die Zurechnungsfähigkeit wird von Gesetzes wegen bei jedermann vermutet, sonst könnte man alle Verträge usw. in die Tonne schmeissen. Bei den Psychischkranken verlangt es die Sorgfaltspflicht der Sterbehilfeorganisationen, in diesen Fällen die Zurechnungsfähigkeit bescheinigt zu haben (Absicherung), nicht dass es nachher heisst, dass man unzurechnungsfähige Menschen in den Tod begleitet hat.
Manuela Maria
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Re: Europ. Gerichtshof für Menschenrechte - Klage abgewiesen

Beitrag von Manuela Maria »

Auf der einen Seite, wer sich umbringen möchte und einigermaßen selbstbestimmt leben kann, also ohne tägliche Hilfe angewiesen ist, kann und wird auch sein „Leben“ hier beenden.

Auf der anden Seite:
Schwierig ist es dann bei den Menschen, die nicht mehr in der Lage sind dazu.

Ich habe ein Beispiel von jemand aus dem Forum, er ist aber nicht mehr bei uns und wohl auch nicht mehr auf der Erde.

Seine große Liebe und langjährige Lebensgefährtin erkrankte an MS, so schwer das sie nach einem Jahr schon ein Pflegefall wurde und kaum noch sprechen kann...
...nun ist es so, dass sie mit ... im Ausland auf einem Bauernhof lebte.
Da dort die medizinische Versorgung leider nicht gut war und wohl immer noch ist, musste sie zu ihren Eltern nach Deutschland gehen.

Der Zustand verschlimmerte sich zunehmend. Sie wollte sterben und bettelte ..., aber auch ihre Eltern förmlich an ihr dabei zu helfen.
Die Mutter war Krankenschwester, sie hätte gewusst wie. ... hatte Zyankali besorgt und wollte mit ihr zusammen gehen.
Dann bekamen die Eltern es mit und haben sie entmündigen lassen und ... war raus.
Er durfte sie nicht einmal mehr anrufen. Dies finde ich unmenschlich und hat mit Liebe nichts mehr zu tun.

Bei solchen Fällen müssten die Ärzte auch mehr Handhabungen haben, wenn ein solcher Patient darum bittet.

All das hat ihn so sehr belastet, das er wohl nicht mehr unter uns ist. Vor einiger Zeit habe ich dann einen Abschiedsbrief bekommen und nun meldet er sich nicht mehr :cry: - wie auch! Ich bilde mir zwar ein mit ihm Kontakt zu haben, aber wie gesagt kann Einbildung sein.

Was mit seiner Lebensgefährtin nun ist, ich weiß es nicht :(

Schwieriges Thema!

L.G.

Manuela Maria
Stefan
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Re: Europ. Gerichtshof für Menschenrechte - Klage abgewiesen

Beitrag von Stefan »

Orgeluse hat geschrieben:1. Wie hälst Du es mit dem ärztlich assistierten (und - wie in der Schweiz - vom Staat nicht sanktionierten) Freitod terminal Erkrankter, also sogen. Todkranker?
Ich finde, dass der Staat das Selbstbestimmungsrecht seiner Bürger zu achten hat, und sich deshalb in deren Leben und Sterben so wenig wie möglich einmischen sollte. In D ist das schon fast so. Suizid ist legal, und niemand kann bei Krankheiten zwangsbehandelt werden (Ausnahme: psych. Kranke im Einzelfall). Auch der "ärztlich assistierte" Freitod ist in D seit geraumer Zeit rechtlich geregelt. Dafür muss man gar nicht mal "terminal ill" sein. Wenn jemand Dialyse-Patient ist und findet sein Leben damit nicht lebenswert (obwohl er damit noch 50 Jahre "gut" leben könnte), kann er die Behandlung abbrechen, und der Arzt muss dem folgen. Keine Diskussion, die Rechtslage ist eindeutig. So bei jeder medizinischen Behandlung. Diese passive Sterbehilfe ist unumstritten. Und wenn der Patient sich nicht mehr äußern kann, gilt seine Patientenverfügung.

Die aktive Sterbehilfe, die auch in D bei Strafe verboten ist, würde ich gerne legalisiert sehen. Egal, ob die Krankheit "terminal" ist oder nicht und ob sie physisch oder psychisch ist. Wenn der Patient klaren Sinnes ein entsprechendes Dokument unterzeichnet und das explizit verlangt... soll er, und m.E. sollte man seinem Willen stattgeben.
2. Dass der Staat nicht gleich das Gift zur Verfügung stellen kann und soll, leuchtet mir völlig ein. Ich dachte aber, dass es darum gar nicht ginge, sondern darum, dass eben ein professionell begleiteter (inkl. rezeptausstellendem Arzt) Freitod legal werden solle auch für sogen. psychisch Kranke?
Ja, aber... da hängt doch ein ganz großer Sack voll unbeantworteter Fragen dran. Wer ist der Profi, der "begleitet"; welcher Arzt (Facharzt? Welches Fach?) darf die Rezepte ausstellen. Und wann? Nur bei "terminal illness", oder auch bei einer behandelbaren Psychose? Wer verabreicht? Unter welchen Bedingungen? Die aktive Sterbehilfe ist ja auch in CH und NL strafbar, dagegen sichert sich Dignitas beim Procedere deshalb auch 100%ig formal korrekt ab.

Ich weiss auf diese und viele andere Fragen auch keine Antwort. Ich habe nur Gegenfragen: was erwartest "Du" (nicht du persönlich, sondern irgendein kranker Mensch) vom Staat, wie er dir beim Sterben hilft? Soll er dich auf Verlangen "einschläfern"? Und warum sollte er dir helfen, wenn du körperlich und geistig noch in der Lage bist, dir selbst zu helfen?

Viele Grüße,
Stefan
Orgeluse
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Re: Europ. Gerichtshof für Menschenrechte - Klage abgewiesen

Beitrag von Orgeluse »

Stefan hat geschrieben:Die aktive Sterbehilfe, die auch in D bei Strafe verboten ist, würde ich gerne legalisiert sehen. Egal, ob die Krankheit "terminal" ist oder nicht und ob sie physisch oder psychisch ist. Wenn der Patient klaren Sinnes ein entsprechendes Dokument unterzeichnet und das explizit verlangt... soll er, und m.E. sollte man seinem Willen stattgeben.

Ja, aber... da hängt doch ein ganz großer Sack voll unbeantworteter Fragen dran. Wer ist der Profi, der "begleitet"; welcher Arzt (Facharzt? Welches Fach?) darf die Rezepte ausstellen. Und wann? Nur bei "terminal illness", oder auch bei einer behandelbaren Psychose? Wer verabreicht? Unter welchen Bedingungen? Die aktive Sterbehilfe ist ja auch in CH und NL strafbar, dagegen sichert sich Dignitas beim Procedere deshalb auch 100%ig formal korrekt ab.
Genau das ist der Knackpunkt: Deine erste Aussage (Wunsch, dass die aktive Sterbehilfe legalisiert werde, im Falle von chronischer, lebensverdunkelnder Krankheit - egal ob physisch oder psychisch) knirscht doch extrem beim Aufprall auf die zweite Deiner Aussagen ('wie soll eine solche aktive Sterbehilfe durch wen aussehen?').
Zurück bleibt man also allseits ratlos (wie der Europ. Gerichtshof offenbar auch, aber von JuristInnen - sorry, falls hier jemand dieser Profession mitliest, ist nicht persönlich gemeint -, und schon gar nicht von EU-JuristInnen erwarte ich mir nix).
Stefan hat geschrieben: Ich weiss auf diese und viele andere Fragen auch keine Antwort. Ich habe nur Gegenfragen: was erwartest "Du" (nicht du persönlich, sondern irgendein kranker Mensch) vom Staat, wie er dir beim Sterben hilft? Soll er dich auf Verlangen "einschläfern"? Und warum sollte er dir helfen, wenn du körperlich und geistig noch in der Lage bist, dir selbst zu helfen?
Vom "Staat" (c'est moi :wink: ) erwarte ich mir eigentlich gar nichts ... Aber das hilft jetzt auch nicht weiter. Im Ernst: Ich würde mir erwarten, dass die Beschaffung der nötigen Mittel (um den hier vielzitierten Lok-Führer nicht zu traumatisieren) leichter fiele. Wir hier, die wir uns um Methoden und Mittel kümmern, operieren doch alle mit einem halben Bein in der Klapse und müssen entsprechend vorsichtig zu Werke gehen. Das wünscht ich mir staatlicherseits anders geregelt (wie, weiß ich allerdings natürlich auch nicht ...). - Denn: Dass es verdammt nochmal nicht einfach ist, Hand an sich zu legen, das bezeugen wir alle hier doch. Das würde auch nicht anders, wenn wir wenigstens nicht pathologisiert würden und leichter an die 'Mittel' kämen.

Fragen, nichts als frustrierende Fragen (komm mir vor wie die Ratte aus jenem AD-Test, von dem Du andernorts geschrieben hast).

Liebe Grüße
Orgeluse (strampelnd)
ms40
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Re: Europ. Gerichtshof für Menschenrechte - Klage abgewiesen

Beitrag von ms40 »

Manuela Maria hat geschrieben:Dann bekamen die Eltern es mit und haben sie entmündigen lassen und ... war raus.
Du weichst hier zwar ab, aber Dir sei vergeben. Schau Dir meinen Benutzernamen an...

MS, ALS und ähnliches sind grausame Krankheiten, wenngleich sie nicht derart akut verlaufen müssen wie in Deinem genannten Beispiel. Meine Bemerkung möge man mir verzeihen, aber das Leben gefangen im eigenen Körper kann durchaus mit den Zuständen im KZ verglichen werden. :twisted: Das Problem liegt in Deinem genannten Fall bei den fundamentalistisch eingestellten Eltern. Was für Eltern muss man haben... :roll: Da müsste der Staat den Eltern verbieten, sowas zu tun. Solange es fundamentalistische Entscheidungsträger gibt, so lange werden Menschen leiden müssen.

Grundsätzliche Frage: Ein Tier darf eingeschläfert werden, wenn der Tierarzt sagt, dass es keinen Sinn mehr mache oder man sich einen anderen Tierarzt suchen müsse. Bei einem Menschen macht man ein Heidentheater. Aber klar, ein Tier ist rechtlich gesehen eine Sache, ein Mensch gilt nicht als Sache. Ich sehe das Urteil so, dass es jemandem grundsätzlich freigestellt ist, wie und wann er sein Leben beendet. Ich sehe im Argument, dass man vom Staat aber kein Hilfsmittel erwarten könne, auch einen Widerspruch, was zugleich einer Verweigerung gleichkommt. Bei einem Tier, das nicht selbst über den Tod entscheiden kann, hat man offenbar keine Gewissensbisse. Bei einem Menschen offenbar schon. Wie wäre das wohl entschieden worden, wenn man vor 70 Jahren alle Tiere hätte beseitigen wollen. Wäre dann der Einsatz von NaP bei Tieren heute verboten gewesen? :idea:

Apropos Deutschland: Ich bin ja etwas südlicher als D und von hier aus gesehen hat der Staat den deutschen Bürger ja schon längst entmündigt, indem er alles und jedes reguliert, kontrolliert, ahndet und bestraft. Der staatliche Apparatschnik sagt, was die Leute tun und lassen sollen, lullt die Menschen mit Brot und Spielen ein, um sie vor dem kommenden Chaos (Staatsbankrott) zu blenden.
Orgeluse
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Re: Europ. Gerichtshof für Menschenrechte - Klage abgewiesen

Beitrag von Orgeluse »

@MS40
Ohje, das könnte hier ja richtig spannend werden ...

Puh, na also, Deine (rhetorische???) Frage:
ms40 hat geschrieben: Grundsätzliche Frage: Ein Tier darf eingeschläfert werden, wenn der Tierarzt sagt, dass es keinen Sinn mehr mache [...]. Bei einem Tier, das nicht selbst über den Tod entscheiden kann, hat man offenbar keine Gewissensbisse. Bei einem Menschen offenbar schon. Wie wäre das wohl entschieden worden, wenn man vor 70 Jahren alle Tiere hätte beseitigen wollen. Wäre dann der Einsatz von NaP bei Tieren heute verboten gewesen? :idea:
,
die finde ich ganz schön heftig. Nicht so sehr wegen ihrer konkret inhaltlichen Dimensionen, sondern weil Du da im Begriff bist, Sachverhalte miteinander zu vergleichen, zumindest in einer Analogie zu sehen, die m.E. nicht vergleichen oder analogisiert gehören! Ich mahne zur Vorsicht mit Nazi-Zeit-Analogien ...

Dann:
ms40 hat geschrieben:Apropos Deutschland: Ich bin ja etwas südlicher als D und von hier aus gesehen hat der Staat den deutschen Bürger ja schon längst entmündigt, indem er alles und jedes reguliert, kontrolliert, ahndet und bestraft. Der staatliche Apparatschnik sagt, was die Leute tun und lassen sollen, lullt die Menschen mit Brot und Spielen ein, um sie vor dem kommenden Chaos (Staatsbankrott) zu blenden.
Ja, da kann ich nur zustimmen: D-Land tut seit ca. 20 Jahren nix anderes mehr, als alles kritische, aufgeklärte, sich
selbst-bewußte, sich im persönlichen und im "gemeinen Unglück" folglich auch zurechtfindende Denken systematisch zu verhindern (hab an der Uni gearbeitet und kann nur sagen: Die Studierenden werden da wirklich zu Marionetten zugerichtet, die dem ökonomischen Interesse gemäß an den Fäden des Kapitals hängen). Systematisch.
Ich glaube nicht, dass das nur in D-Land so ist. Aber das ist egal: Wir leben in einer Phase der Regression aller dialektischen Aufklärung. Und das macht mich manchmal so wütend, dass ich all meine Traurigkeit vergessen könnt. Für ein paar Sekunden.

Liebe Grüße
Orgeluse
ms40
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Re: Europ. Gerichtshof für Menschenrechte - Klage abgewiesen

Beitrag von ms40 »

Orgeluse hat geschrieben:@MS40
Ohje, das könnte hier ja richtig spannend werden ...

Puh, na also, Deine (rhetorische???) Frage:
ms40 hat geschrieben: Grundsätzliche Frage: Ein Tier darf eingeschläfert werden, wenn der Tierarzt sagt, dass es keinen Sinn mehr mache [...]. Bei einem Tier, das nicht selbst über den Tod entscheiden kann, hat man offenbar keine Gewissensbisse. Bei einem Menschen offenbar schon. Wie wäre das wohl entschieden worden, wenn man vor 70 Jahren alle Tiere hätte beseitigen wollen. Wäre dann der Einsatz von NaP bei Tieren heute verboten gewesen? :idea:
,
die finde ich ganz schön heftig. Nicht so sehr wegen ihrer konkret inhaltlichen Dimensionen, sondern weil Du da im Begriff bist, Sachverhalte miteinander zu vergleichen, zumindest in einer Analogie zu sehen, die m.E. nicht vergleichen oder analogisiert gehören! Ich mahne zur Vorsicht mit Nazi-Zeit-Analogien ...
Mir war bewusst. dass der Vergleich, ein Tabu, die Gemüter bewegen könnte. Die Zeit ist lange vorbei, aber sie war mal da und sie hat auch die Gesetze und die Gesinnung bis heute geprägt. Das wird auch gerne wieder aufgegriffen, z.B. hier: Der Titel des Schmierenblättchens aus dem Ringier-Verlag lautete nichts anders als: http://www.blick.ch/news/schweiz/vergas ... eich-86801, als Dignitas auf die Helium-Methode zurückgriff.
Darum haben die meisten europ. Länder ausser Holland ihre Problemchen mit der Sterbehilfe, weil sie reflexartig an diese dunkle Zeit erinnert. Aber sind wir doch ehrlich: Die Sozialversicherungen werden bei jedem, der sich umbringt, die Champagnerkorken knallen lassen, endlich einer weniger, für den wir zahlen müssen. Wer wie ich mal einen Wadenbeisser von Vertrauensarzt live erlebt hat, weiss wovon ich spreche. :twisted: Sie würden doch am liebsten alle liquidieren. Wie wär's mit dem staatlich verordneten Frühableben? Der Staat kriegt so einfach seine Finanzen in den Griff. Jeder, der mit der Zeit mehr zu kosten droht, bekommt zur Versüssung noch einen kleinen Check und eine liebenwerte Aufforderung, man möge sich doch bitte bis Datum xy umbringen, sonst wird es zwangsvollzogen, selbstverständlich alles auf freiwilliger Basis. :lol: Die einzigen Gründe, dies nicht so zu tun, liegen im Fundamentalismus (Kirche) und den ökonomischen Interessen (Ärzte) mancher Berufsgattungen. Das sind dann auch die gleichen, die den Menschen das Selbstbestimmungsrecht grosszügigerweise absprechen wollen. Ich will hier nicht verallgemeinern. Es gibt auch vernünftige Ärzte, Kirchenleute und selbstverständlich auch Gutachter.
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