Traurig

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Moderatoren: Ludwig A. Minelli, Mediator

Traurigkeit
Beiträge: 9
Registriert: Mittwoch 19. Mai 2010, 19:21

Traurig

Beitrag von Traurigkeit »

An alle hier,

ich habe meinen Sohn vor einem Jahr und 3 Monaten verloren. Durch Suizid. Er war gerade mal 15 Jahre und 337 Tage alt. Es ist das Schlimmste, was einer Mutter passieren kann. Es tut mir in der Seele weh, dass so viele von Euch scheinbar so mit dem Leben hadern wie auch mein Sohn. Ich weiß bis heute nicht sicher, warum, aber er hatte es immer gut bei uns. Er hat uns und seinen 3 Geschwistern ein neues Leben aufgezwängt, das wir so nicht wollten. Seine kleine Schwester war gerade mal 5 Jahre alt und muss nun damit leben, dass ihr geliebter Bruder nicht mehr da ist. Sie kann das alles nicht verstehen. Genausowenig, wie sein Bruder, der sein bester Freund war und seine andere Schwester, die mitten in der Pubertät steckt und sich Vorwürfe macht, weil sie sich ab und zu mit ihm gestritten hat. Und wir, seine Eltern??? Können nur noch ein Leben mit ständigem Schmerz und Traurigkeit und vorallem Sehnsucht nach unserem Sohn leben......Was ist das denn für ein Leben???
Ich wünschte, Ihr würdet an andere Möglichkeiten denken. Lasst Euch helfen......
Ich bin auf dieses Forum gestoßen, weil ich mich ständig mit Suizid befasse, seitdem mein Sohn diesen Weg gewählt hat. Ich weiß, ich kann Euch nicht abhalten, aber nichts dazu zu sagen, würde mir so falsch vorkommen.

C.
Malaika
Beiträge: 167
Registriert: Dienstag 18. Mai 2010, 07:13

Beitrag von Malaika »

Liebe C., ich finde es mutig von dir, dass du deine traurige Geschichte erzählst, um auf die Situation der Hinterbliebenen aufmerksam zu machen. Ich denke, es ist einfach sehr schwer, sich in die andere Seite einzufühlen: Wer sich nicht das Leben nehmen will, kann sich kaum vorstellen, warum ein anderer das tut und wer sich das Leben nehmen will, blendet vermutlich diejenigen aus, die um ihn trauern werden. Aber vielleicht ist es ja möglich, die Sprachlosigkeit zwischen diesen beiden Gruppen zu überwinden, wie du es tust?
Sklave
Beiträge: 269
Registriert: Samstag 27. März 2010, 11:08

Beitrag von Sklave »

Traurigkeit, ja mag sein aber das sich so junge Menschen umbringen wie dein Sohn sollte auch nicht der normal Fall sein, niemand hier will das sich Kinder umbringen, die meisten hier Raten Kindern die hier sind ihre Probleme anderst zu lösen weil in disem Alter das Leben erst anfängt.


Es sind einige Menschen hier die schon ziemlich viel durchgemacht haben, wo andere schon längst aufgegeben haben, und sogar von den älteren Stürzt sich nicht jeder gleich in den Tod.

Und ich kann es dir nachfühlen es ist der schlimmste Schmerz wenn eine Mutter ihr Kind verliert, und sie nicht einmal die Möglichkeit hatte etwas zu verändern.

Viele hier haben auch nicht mehr viel Menschen, es ist nur noch ein Bruchteil von sozial Kontakten überig.
Traurigkeit
Beiträge: 9
Registriert: Mittwoch 19. Mai 2010, 19:21

Beitrag von Traurigkeit »

An alle,

ich weiß nicht, ob ich mutig bin, weil ich hier meine Geschichte erzähle oder einfach nur verzweifelt und gerne mehr verstehen will. Ich möchte niemandem zu nahe treten, natürlich kann ich viele Hintergründe nicht verstehen, weil ich sie nicht kenne. Eigentlich genau wie bei meinem Sohn. Er hat mir und all den anderen nichts von seiner Zerrissenheit erzählt. Aber jetzt ist er nicht mehr da. Und er hat auch unser altes Leben beendet. Nur wir müssen jetzt ein neues Leben leben, mit Schmerz und vollkommen anders. Seine Geschwister leben immer mit einem Handicap. Glück gibt es für mich nicht mehr----ich weiß nicht, ob nie wieder oder lange nicht. Keine Ahnung.
Hier ist geschrieben worden: ihr ratet Kindern, die Probleme anders zu lösen: aber wisst Ihr immer, ob es Kinder sind, die hier schreiben, oder Erwachsene???
Es steht mir nicht zu, irgendwelche schlauen Ratschläge zu geben, das kann ich auch gar nicht. Ich möchte vielleicht nur den ein oder anderen zum Denken anregen. Könnt Ihr Euch vorstellen, was die Hinterbliebenen durchmachen?? Dass Ihr auch deren Leben total verändert???? Dass es für eine Mutter, einen Vater oder Angehörige kein normales Leben mehr geben wird??? Man trägt nicht nur die Verantwortung für sein eigenes Leben, sondern auch ein Stück weit für andere, wenn man mit so einer Tat ein Leben nachhaltig beeinflusst. Ich kann meinem Sohn keinen Vorwurf machen, er war ja erst 15 und hat sich sicher nicht so viele Gedanken um uns machen können, die Pubertät hat auch mitgespielt, aber dennoch war ich zeitweise auch wütend. Wie konnte er denn das Leben seiner Geschwister so beschwerlich machen???? Sicher wollte er das nicht......
Aber Ihr hier, die erwachsen sind, denkt doch dran, was Ihr hinterlassen würdet. Einen Scherbenhaufen, ein zerbrochenes Herz, Schmerz und Trauer, Traurigkeit. Schöpft alle Möglichkeiten aus, redet, versucht, Probleme zu lösen, nicht noch mehr Probleme zu machen.....bitte.
Sorry, wenn das jetzt alles nach Vortrag klingt. Das will ich überhaupt nicht. Ich möchte Euch nur die andere Seite zeigen. Die, der Hinterbliebenen......

Wenn eine körperliche Krankheit vorliegt, ständige Schmerzen......ich weiß nicht, wie ich mich verhalten würde. Es tut mir für Dich sehr leid, Fenix.....ich kann da keinen Rat geben. Aber sicherlich würden Deine Angehörigen alles für Dich tun. Auch hier denkst Du aus psychischen Gründen an Suizid, zumindest jetzt. Hier eine sinnvolle Antwort zu geben, fällt mir schwer........

Ich könnte mir vorstellen, dass auch mein Sohn in so einem Forum unterwegs war, ich weiß es aber nicht.
Ich bin Teil eines Forums der "anderen" Seite. Ein Forum für Hinterbliebene von Suizidanten. Ich lese jeden Tag den Schmerz, die Verzweiflung, die Traurigkeit, die Unfähigkeit, wieder normal leben zu können, die unstillbare Sehnsucht aus den Zeilen der Mitglieder. Und uns geht es allen gleich......jeder leidet....lange, sehr lange, wahrscheinlich immer. Die Schuldfrage....das ist auch ein großes Thema. Und kein Abschiedsbrief kann daran was ändern.

Ich hoffe, ich konnte Euch wenigstens ein bisschen berühren, vielleicht ein bisschen zum Nachdenken bringen. Das allein ist es, was ich wollte.

C.
Sadness
Beiträge: 209
Registriert: Donnerstag 29. April 2010, 10:26

Beitrag von Sadness »

Liebe Traurigkeit,
das ist mein erster Beitrag, den ich hier schreibe, und ich möchte Dir meinen Respekt aussprechen, dass Du versuchst, die "andere Seite" hier zu zeigen.
Ich kenne beide Seiten, die Suizidalität ist jahrzehntelang mein Begleiter, und gleichzeitig habe ich auch schon nahestehende Menschen durch Suizid verloren.
Beide Seiten sind mit einem immensen Schmerz verbunden.
Zu erahnen, was ich dem einen Menschen, der mir wirklich nahe steht, antun würde, hat mich abgehalten, den letzten Schritt konsequent zu gehen. Damals war ich unsagbar wütend, weil er meinem Todeswunsch im Weg stand und ich mein Gewissen nicht vergessen konnte, ich ihn nicht in das Leben und die Umstände treiben wollte, Dir mir mein Leben zu dem damaligen Zeitpunkt unerträglich machten. Heute bin ich unendlich dankbar, dass ich noch da bin. Ich bin dankbar, dass er mich nicht gehen ließ, ich bin dankbar, dass es in entscheidenden Momenten Menschen gab, die die Polizei informiert haben und ich bin dankbar, dass ich nach einer aussichtslos erscheinenden Suche nach Hilfe nun endlich einen Ort gefunden habe, an dem ich die Unterstützung finde, die ich benötige.

Ich würde mir wünschen, dass Deine Worte hier bei dem einen oder andere etwas bewirken, die Augen und den Blick wieder weiter werden lassen, was man durch Suizid beim Umfeld auslöst.

Dir und Deiner Familie wünsche ich alle Kraft der Welt, um mit dem erlittenen Verlust irgendwann leben zu können und wieder ein Leben zu haben, das schön ist und nicht mehr vom Suizid Eures Kindes bestimmt.

Liebe Grüße
Sadness
Traurigkeit
Beiträge: 9
Registriert: Mittwoch 19. Mai 2010, 19:21

Beitrag von Traurigkeit »

Liebe(r) Sadness,

was Du hier schreibst, ist sehr wertvoll, zeigt es doch, dass es auch einen anderen Weg geben kann, als den Suizid.....auch wenn man das in einer verzweifelten Situation nicht glauben kann. Danke für den Beitrag, find ich sehr sehr wichtig.

@Fenix:

Bin ich tatsächlich egoistisch, weil ich mein Kind nicht habe gehen lassen wollen??? Dieses Kind, das ich geboren habe, aufgezogen habe mit meiner Kraft und meiner Liebe??? Dieses Kind, das mir nicht die Chance gegeben hat, ihm zu helfen, nach einem Ausweg und einer Lösung zu suchen, mit all meiner Kraft?? Nein, das glaube ich nicht.
Auch wenn das jetzt abgedroschen klingt: Suizid ist nicht der normale Weg, den man geht. Und wer weiß, vielleicht bereut es mein Sohn ja jetzt und wäre doch noch gerne hier, hat aber einfach zu früh aufgegeben???
Ich bin schon auch der Meinung, jeder soll für sein Leben selber entscheiden...aber in diesem Fall sind noch viele Menschen mehr verwickelt. Es war nicht nur das Leben meines Sohnes, das ausgelöscht wurde. Ich finde das einfach nicht fair. Ja, ich weiß, er hat gelitten, er war verzweifelt, wahrscheinlich mehr, als ich mir vorstellen kann, weil es für mich keinen offensichtlichen Grund gibt, aber er hat keine andere Hilfe in Anspruch genommen. Hat einfach entschieden, sich "aus dem Staub zu machen" und uns mit all den ungeklärten Fragen, dem Schmerz, der Sehnsucht hier allein zurückzulassen. Bin ich egoistisch, wenn ich das nicht okay finde?? Dass meine anderen Kinder ebenfalls immer leiden werden? Meine kleine Tochter, zu der Zeit gerade 5 Jahre alt, musste zu einer Psychologin, weil sie selber sterben wollte. Mit 5 !!!!!!! Weil ihr geliebter Bruder nie wieder kommt, wollte sie ein Vöglein sein, zu ihm fliegen und seine Seele wieder zu uns holen. Kann sich jemand vorstellen, wie das ist, so ein kleines Menschlein so leiden zu sehen, und ja dabei selber zu leiden????? Das ist hardcore. Lebenslängliche Strafe nenn ich das!!! Aber für welche Tat???
Ich liebe meinen Sohn über alles und nichts würde ich mir mehr wünschen, als ihn hier zu haben. Ich leide und quäle mich, aber ich würde das niemandem antun. Auch wenns mir noch so schlecht geht. Weil ich einfach sehe, was die Konsequenz ist.

Sorry, das war jetzt wieder ein Roman......aber nochmal: nur eine Anregung, einige Gedanken von mir. Vielleicht könnt Ihr das ja verstehen.

C.
Malaika
Beiträge: 167
Registriert: Dienstag 18. Mai 2010, 07:13

Beitrag von Malaika »

Sadness hat geschrieben: Ich kenne beide Seiten, die Suizidalität ist jahrzehntelang mein Begleiter, und gleichzeitig habe ich auch schon nahestehende Menschen durch Suizid verloren.
Beide Seiten sind mit einem immensen Schmerz verbunden.
Liebe/r Sadness,

vielen Dank für deinen Beitrag!

Ich glaube, es gibt viele Menschen, denen es so geht wie dir, die im Rückblick dankbar fürs Weiterleben sind, aber das in dem Moment der Verzweiflung zu erkennen, ist wohl fast nicht möglich. Und leider scheint es so gar nicht zu helfen, wenn andere das dem Betroffenen einfach nur SAGEN. Vielleicht ist es schon glaubwürdiger, wenn jemand wie du aus eigener Erfahrung spricht und überzeugend darstellt, dass es einen Weg aus tiefster Verzweiflung zur Lebensbejahung gibt. Du schreibst, dass du nun "endlich einen Ort gefunden hast, an dem du die Unterstützung findest, die du benötigst". Wie hast du diesen Ort gefunden? Was würdest du Betroffenen raten, wo sollen sie danach suchen?
Malaika
Beiträge: 167
Registriert: Dienstag 18. Mai 2010, 07:13

Beitrag von Malaika »

Übrigens finde ich es ganz wichtig, das Tabu zu brechen. Sonst haben doch alle, die den Wunsch verspüren zu sterben, das Gefühl, sie sind die einzig Traurigen in einer Welt von dauerfröhlichen Spaßvögeln - und erfahren nicht, dass man TROTZ Suizidgedanken weiterleben kann.
Eimi Weinhaus
Beiträge: 328
Registriert: Montag 8. März 2010, 21:51

Beitrag von Eimi Weinhaus »

@Traurigkeit:
Ja es ist eine Katastrophe jemanden durch Suizid zu verlieren....und ja es ist auch in gewisser Weise "egoistisch" einfach so zu gehen, da man ja nur an sein eigenes Wohl denkt. Es ist aber derselbe natürliche Egoismus den die Angehörigen nach dem unzulässiges Wort verlauten lassen, indem Sie der Person auch gerechtfertigterweisee Vorwürfe machen. Wir alle, suizidal oder nicht wollen Schmerzfreiheit und hassen Leid, somit sind beide Verhaltensweisen, zum einen der Suizid, zum anderen der VVorwurf der Hinterbliebenen berechtigt!

Ich wollte auch mit 15 Suizid begehen. Hatte aber keine geeigneten Möglichkeiten und war zu stark "katholisch" beeinflusst...

Warum begeht ein 15Jähriger Suizid? Mhhh...vllt. hat er sich dem Leben nicht gewappnet gefühlt oder er war sehr sensibel und hatte deshalb Angst er könne mit den anderen nicht mithalten...Liebeskummer???
Bei mir war es in diesem Alter viel Neid, Angst Minderwertigkeitsgefühle, etc.
Man darf nicht vergessen dass Suizid auch eine genetische Komponente hat...ich bin z.B. etwas schwächer und weniger durchsetzungsfähig als meine Schwester...alleine schon das hat mich zum Suizid prädisponiert. Meine Schwester ist stärker...von Natur aus...hat mehr Temperament...all das hilft ihr auch durch schwere Umstände nicht suizidal zu werden.

Sei dankbar für die 15 Jahre mit deinem Sohn...irgendwie vergessen das Angehörige immer. Dankbar zu sein, dass du ihn 15 Jahre haben durftest. Und akzeptiere seine Entscheidung....er wollte es...wenn er es geschafft hat...wollte er wahrscheinlich keine Hilfe (die es für viele auch nicht wirklich gibt...wer setzt sich schon gern mit Suizidalen auseinander???)
Es ist traurig, es ist schmerzhaft, aber wahrscheinlich ist das die "letzte Liebe" die du ihm erweisen kannst!

Liebe Grüße und viel Kraft
Eimi
Traurigkeit
Beiträge: 9
Registriert: Mittwoch 19. Mai 2010, 19:21

Beitrag von Traurigkeit »

Liebe Eimi,

oh ja, ich bin dankbar für die fast 16 Jahre, die ich mit meinem Sohn haben durfte, ja, ich liebe ihn so sehr und werde ihm diese Liebe dadurch immer zeigen, dass ich seine Entscheidung sehr wohl akzeptiere. Und ja, vielleicht hast Du recht, ich bin auch ein bisschen egoistisch, weil ich diesen Schmerz nicht haben will. Ich habe in keinster Weise vergessen, dass es auch ein großes Glück ist, jemanden 16 Jahre haben zu dürfen. Du täuschst Dich, wenn Du das glaubst.
Aber ich bin eine Mutter und meine Liebe zu meinem Sohn ist nicht nur Liebe, es ist das größte Gefühl, das es geben kann und darum ist es auch der größte Schmerz, der mir widerfährt. Nach 15 Monaten bin ich einfach noch nicht soweit, wie man vielleicht nach 10 Jahren ist......

Und außerdem - und das erwähne ich gerne nochmal - es geht nicht nur um mich...es geht um seine Geschwister, die das noch gar nicht so sehen können. Seine Schwester hatte nur 5 Jahre mit ihm, davon hat sie so bewusst nicht wirklich viel erlebt. Sie kann noch nicht so denken wie Du und ich....

Ich verurteile niemanden, bitte nicht falsch verstehen. Ich möchte einfach selber besser verstehen, was Ihr, die an Suizid denken, empfindet, warum Ihr keine Hoffnung mehr habt.-...was vielleicht mein Sohn empfunden hat...??? Und ich möchte, und auch hier wiederhole ich mich, auch die Gefühle und Gedanken der Liebenden, Hinterbliebenen erläutern. Mehr nicht.....ich will niemanden bekehren oder belehren. Wie könnte ich...??

C.
Malaika
Beiträge: 167
Registriert: Dienstag 18. Mai 2010, 07:13

Beitrag von Malaika »

Eimi Weinhaus hat geschrieben: Ich wollte auch mit 15 Suizid begehen. Hatte aber keine geeigneten Möglichkeiten und war zu stark "katholisch" beeinflusst...
Liebe Eimi, wie geht es dir denn heute (ich weiß ja nicht, wie lange das 15-Jahre-alt-sein bei dir zurückliegt)?
Eimi Weinhaus
Beiträge: 328
Registriert: Montag 8. März 2010, 21:51

Beitrag von Eimi Weinhaus »

Traurigkeit hat geschrieben:Liebe Eimi,

oh ja, ich bin dankbar für die fast 16 Jahre, die ich mit meinem Sohn haben durfte, ja, ich liebe ihn so sehr und werde ihm diese Liebe dadurch immer zeigen, dass ich seine Entscheidung sehr wohl akzeptiere. Und ja, vielleicht hast Du recht, ich bin auch ein bisschen egoistisch, weil ich diesen Schmerz nicht haben will. Ich habe in keinster Weise vergessen, dass es auch ein großes Glück ist, jemanden 16 Jahre haben zu dürfen. Du täuschst Dich, wenn Du das glaubst.
Aber ich bin eine Mutter und meine Liebe zu meinem Sohn ist nicht nur Liebe, es ist das größte Gefühl, das es geben kann und darum ist es auch der größte Schmerz, der mir widerfährt. Nach 15 Monaten bin ich einfach noch nicht soweit, wie man vielleicht nach 10 Jahren ist......

Und außerdem - und das erwähne ich gerne nochmal - es geht nicht nur um mich...es geht um seine Geschwister, die das noch gar nicht so sehen können. Seine Schwester hatte nur 5 Jahre mit ihm, davon hat sie so bewusst nicht wirklich viel erlebt. Sie kann noch nicht so denken wie Du und ich....

Ich verurteile niemanden, bitte nicht falsch verstehen. Ich möchte einfach selber besser verstehen, was Ihr, die an Suizid denken, empfindet, warum Ihr keine Hoffnung mehr habt.-...was vielleicht mein Sohn empfunden hat...??? Und ich möchte, und auch hier wiederhole ich mich, auch die Gefühle und Gedanken der Liebenden, Hinterbliebenen erläutern. Mehr nicht.....ich will niemanden bekehren oder belehren. Wie könnte ich...??

C.
@Traurigkeit: Das blöde beim Chat is ja immer, dass man schriftlich nicht alles so rüberbringen kann wie mündlich...sorry dass ich dich falsch verstanden habe.
Auch kann ich natürlich noch nicht nachempfinden wie eine Mutter sich fühlt...
Wie man sich als Suizidaler fühlt? Unterschiedlich...denke ich...ich hab ja noch die Light-Version erwischt, weil meine Umstände eigtl. gut sind und ich gerade leistungsfähig bin. Bei mir ist es ein generelles Unterlegenheitsgefühl...kennen viele hier...dann auch noch Schwierigkeiten tragende Beziehungen aufzubauen...viel Anspannung und Leistungsorientierung...man bekommt nur Aufmerksamkeit, wenn man die Beste ist...so was alles halt;)...

@Malaika: is bei mir jetzt schon 10 Jahre her;)
Hab viel schönes erlebt...war aber immer viel Enttäuschung und Kampf mit dabei...na ja wie bei allen halt..ne;)
Malaika
Beiträge: 167
Registriert: Dienstag 18. Mai 2010, 07:13

Beitrag von Malaika »

Liebe Eimi, du beschreibst das sehr anschaulich, dass eben auch Menschen, die unter ziemlich ähnlichen Lebensbedingungen aufgewachsen sind (wie eben Geschwister) sehr unterschiedlich auf die Anforderungen des Lebens reagieren können. Das spricht ja auch gegen die Vorstellung, die Eltern sind "schuld".

Mir ging es übrigens auch so, dass ich mich weniger lebenstauglich fühlte als andere, und das ist vielleicht auch ein Grund, warum gutgemeinte Ratschläge so wenig halfen: Ich hatte immer das Gefühl, für die anderen mag das ja alles zutreffen - aber eben nicht für mich.
Traurigkeit
Beiträge: 9
Registriert: Mittwoch 19. Mai 2010, 19:21

Beitrag von Traurigkeit »

Liebe Eimi,

Du musst Dich nicht entschuldigen.....
Mein Sohn, Julian, hat sich in unserem Leben nicht wohl gefühlt. Ich denke auch, er hat sich nicht wichtig gefühlt. Seltsam eigentlich....er hatte so verdammt viele Freunde, die ihn sehr wichtig gefunden haben. Und auch für mich ist er sehr wichtig...immer noch. Ich glaube, dass er so eine Art Bewusstseinstrübung hatte. Er sah gut aus, war sehr intelligent, hatte viele Freunde, ein Elternhaus, in dem sicher nicht immer alles perfekt, aber trotzdem stabil war....aber Julian war schon immer ein etwas schwieriger Charakter. Er war mein besonderer Sohn, gerade deshalb. Ich liebe ihn mehr als mein Leben. Aber ich kann ihn nicht mehr in den Arm nehmen. Und das ist für mich nicht vorstellbar. Und damit muss ich klarkommen....für immer und ewig. Grausam...

C.-
Malaika
Beiträge: 167
Registriert: Dienstag 18. Mai 2010, 07:13

Beitrag von Malaika »

Liebe C., ich glaube, dass mir mit 15 überhaupt nicht klar gewesen wäre, was mein Tod für meine Eltern bedeutet hätte.
Zuletzt geändert von Malaika am Freitag 21. Mai 2010, 22:28, insgesamt 1-mal geändert.
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