Willkürliche Bewertung von Suizidalität?

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noxe
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Willkürliche Bewertung von Suizidalität?

Beitrag von noxe »

Hallo.

Ich dachte immer, dass der „freiverantwortliche Suizid“ oder „Bilanzsuizid“ unter Psychiatern generell umstritten ist. Deshalb hat es mich überrascht, als ich gelesen habe*, dass dies in Bezug auf „Lebensversicherungen“ anscheint nicht zutrifft. Je nach Vertrag müssen Lebensversicherungen auch bei einem Suizid zahlen. Es gibt mitunter auch eine Karenzzeit in welcher die Versicherungen nur zahlen müssen, wenn „ein Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit“ vorgelegen hat, und zudem infolge „dieses Zustands die Fähigkeit des Suizidenten nicht bestand, seinen Willen bezüglich des Suizids frei zu bestimmen“.

Beurteilungsebenen bei Gutachten für Lebensversicherung:

1. Zustand „krankhafter Störung der Geistestätigkeit“ (akute Phase einer schweren „endogenen“ oder „psychogenen“ Depression, Schizophrenie, paranoide Psychosen, Wahnkrankheiten, krankhafte Alkoholabhängigkeit, hirnorganische Störungen, Alkoholvollrausch, hirnorganische Störungen)

2. Infolge dieses Zustands ist die Fähigkeit des Suizidenten bezüglich seines Suizides seinen Willen frei zu bestimmen verloren gegangen ist

Die Versicherung muss den Nachweis erbringen, dass es sich um einen Suizid handelt. Die Begünstigenten der Lebensversicherung müssen beweisen, dass es sich um einen nicht freiverantwortlichen Suizid gehandelt hat. --> Es wird also angenommen, dass der nicht freiverantwortliche Suizid eine Ausnahmeerscheinung ist.



Beurteilungsebenen Zwangseinweisung:

1.liegt psychische Störung vor
2.Führt diese Störung zur Eigengefährdung
3.Besteht Eigengefährdung weiter


Hier stellt sich gar nicht die Frage, ob der Suizidversuch freiverantwortlich war. Es wird nicht überprüft, ob trotz psychischer Störung die „freie Willensbestimmung“ bezüglich des Suizids gegeben war. --> Freiverantwortlicher Suizid wird von vornherein ausgeschlossen bzw. ist die Ausnahme und auch nur ohne psychische Störung möglich. Zwangseinweisung obligatorisch bei weiteren Wunsch zu sterben bzw. Weigerung „Suizidalität“ behandeln zu lassen.


Ich empfinde, dass als Ungerecht. Warum kann man Suizidalität einmal so und einmal so auslegen. Warum können Psychiater, wenn es um Lebensversicherungen einen „freiverantwortlichen Suizid“ attestieren, wenn es um einen Suizidversuch bzw. Suizidwunsch eines Lebenden geht ehr nicht? Das klingt für mich (ohne rechtliche Ausbildung) einfach willkürlich bzw. hängt stark davon ab wer der Arbeitgeber/Auftrageber ist.

Grüße
Noxe

*Quelle: Cording C., Saß H. (2009) Begutachtung der „freien Willensbestimmung“ bei Suizid in der Lebensversicherung
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