Körperlich oder seelisch krank?

Praktische Erlebnisberichte und Hilfestellungen aus der Foren-Community; erfolgreiche und gescheiterte Therapien; Erfahrungen mit Psychotherapien und Therapeuten

Moderatoren: Ludwig A. Minelli, Mediator

Wechsel
Beiträge: 85
Registriert: Montag 4. Juli 2016, 16:19

Körperlich oder seelisch krank?

Beitrag von Wechsel »

Hallo,
Hätte gern mal ein Feedback, nur Interesse halber....

Wie viele hier in diesem Forum sind körperlich schwer erkrankt, sei es durch Unfall, Krankheit oder von Geburt usw. D.h. befinden sich in einer körperlichen ausweglosen Situation (Dauerschmerzen/ Lähmungen /Behinderungen o.ä.) und haben dadurch ihre Lebensfreude verloren?!?

Und wie viele sind hier seelisch krank (Depression/Schicksalsschläge) mit gesundem funktionierendem Körper?

(Wobei ich weiß, dass die Grenzen fließend sind und ich auch nichts bewerten will!!! Alle Zustände sind grausam.)

Ist nur mal eine Umfrage in Runde...... :wink:
Abendstern
Beiträge: 621
Registriert: Montag 28. September 2015, 08:03

Re: Körperlich oder seelisch krank?

Beitrag von Abendstern »

Das eine wie das andere... Und wenn ich eines bei all dem gelernt habe, ist es, daß man Körper und Psyche nicht trennen kann... Die Psyche ist letzten Endes auch "nur" das Zusammenspiel des neuronalen Netzwerks im Gehirn, also am Ende auch wieder ein körperliches Leiden. Wobei ich nicht mit der allgemeinen Meinung konform gehe, daß es sich bei Depressionen generell um ein krankhaftes und insofern "behandelbares" chemisches Ungleichgewicht im Gehirn handelt, sondern daß es sich in den meisten Fällen vielmehr um eine Reaktion auf äußere Umstände wie eben Schicksalsschläge, (psychische) Mißhandlungen oder körperliche Gebrechen und vor allem schier ausweglose Situationen handelt, die sich im Körper bzw. in den neuronalen Netzwerken als Depression manifestieren. Analog dazu fand man in Studien mit Ratten heraus, daß diese in ausweglosen Situationen irgendwann zu kämpfen aufhören, um Energie (für eine etwaige Rettung) zu sparen. Die Depression könnte somit also evolutionsbiologisch einen Überlebensmechanismus darstellen, was umso mehr dafür spricht, daß nach Möglichkeit vor allem die Umstände beseitigt werden müssen und nicht primär das chemische "Ungleichgewicht". Ebenso stellte man in ähnlich gelagerten Tests fest, daß Hoffnung eine entscheidende Rolle dabei spielte, wie frühzeitig Ratten aufgaben und in diesem Fall leider dabei ertrinken mußten. :cry: :cry: :cry:
Tornado

Re: Körperlich oder seelisch krank?

Beitrag von Tornado »

Ich habe seit 5 Jahren massive chronische Dauerbauchschmerzen. Ich beschäftige mich deswegen schon länger mit dem Suizid. Anfangs Januar versuche ich es, da alles andere nichts genützt hat, mit einer Narbenrevision.
Horla
Beiträge: 113
Registriert: Sonntag 28. August 2016, 16:08

Re: Körperlich oder seelisch krank?

Beitrag von Horla »

Abendstern hat geschrieben:sondern daß es sich in den meisten Fällen vielmehr um eine Reaktion auf äußere Umstände wie eben Schicksalsschläge, (psychische) Mißhandlungen oder körperliche Gebrechen und vor allem schier ausweglose Situationen handelt, die sich im Körper bzw. in den neuronalen Netzwerken als Depression manifestieren. Analog dazu fand man in Studien mit Ratten heraus, daß diese in ausweglosen Situationen irgendwann zu kämpfen aufhören, um Energie (für eine etwaige Rettung) zu sparen. Die Depression könnte somit also evolutionsbiologisch einen Überlebensmechanismus darstellen, was umso mehr dafür spricht, daß nach Möglichkeit vor allem die Umstände beseitigt werden müssen und nicht primär das chemische "Ungleichgewicht". Ebenso stellte man in ähnlich gelagerten Tests fest, daß Hoffnung eine entscheidende Rolle dabei spielte, wie frühzeitig Ratten aufgaben und in diesem Fall leider dabei ertrinken mußten. :cry: :cry: :cry:
Ich finde das eigentlich sehr logisch: Wenn die Lage in unerträglicher Weise besch..... wird, verfällt der Mensch in einen außergewöhnlichen Geisteszustand, in dem er bereit wird, seiner Existenz ein Ende zu setzen.
Das Problem ist eigentlich nur, daß das a) schwer umzusetzen ist und b) die Gesellschaft das nicht wahrhaben will.
Wenn die Gesellschaft das einfach akzeptieren könnte, könnte man jedem, der es wollte, einfach eine "peaceful pill" mitgeben, und gut ist. Kein Leiden, keine Kosten, kein Mensch, kein Problem (frei nach Stalin).
Ich denke, es ist also schon etwas Evolutionsbiologisches, aber kein Überlebensmechanismus, sondern eher ein Sterbebereitschaftsmechanismus.
Der bei unseren Steinzeitvorfahren sogar eine wichtige Funktion gehabt haben könnte. Und bei uns in der Gegenwart im Grunde auch, wenn die Gesellschaft einen einfach gehen ließe oder einem noch besser dabei helfen würde, wenn man selbst es für unumgänglich hält.

Und @Wechsel: Nachdem ich 2016 operiert wurde (nichts allzu ernstes), geht es mir zumindest körperlich relativ gut. Ist also "nur" die Psyche, und die sozialen Umstände.
Es tut mir wirklich sehr leid, was Du zu Deinen körperlichen Beschwerden geschrieben hast. So eine schwere Krankheit wäre für mich auch kaum zu ertragen. Ich kann Dir nur wünschen, daß das wieder besser wird.
Peterchen
Beiträge: 742
Registriert: Freitag 30. Januar 2015, 13:02

Re: Körperlich oder seelisch krank?

Beitrag von Peterchen »

Horla hat geschrieben: Ich denke, es ist also schon etwas Evolutionsbiologisches, aber kein Überlebensmechanismus, sondern eher ein Sterbebereitschaftsmechanismus.
Das glaube ich nicht. In der Evolution zählt ja nur die Weitergabe von Genen und nicht das Wohlergehen der Gen-Träger. Und Gene, die eine Bereitschaft zum Suizid fördern, haben schlechtere Chancen, in die nächste Generation zu gelangen, als Gene, die dazu führen, dass ihre Träger auch unter qualvollen Umständen am Leben hängen.

Evolutionsbiologisch fundiert ist also unsere Todesangst und der übliche Pro-Leben-Bias. Die Möglichkeit, sich trotzdem für die Selbsttötug zu entscheiden, sehe ich eher als Beweis dafür, dass der Mensch sich doch ein wenig von der Evolution emanzipieren kann.
Horla
Beiträge: 113
Registriert: Sonntag 28. August 2016, 16:08

Re: Körperlich oder seelisch krank?

Beitrag von Horla »

Peterchen hat geschrieben:
Horla hat geschrieben: Ich denke, es ist also schon etwas Evolutionsbiologisches, aber kein Überlebensmechanismus, sondern eher ein Sterbebereitschaftsmechanismus.
Das glaube ich nicht. In der Evolution zählt ja nur die Weitergabe von Genen und nicht das Wohlergehen der Gen-Träger. Und Gene, die eine Bereitschaft zum Suizid fördern, haben schlechtere Chancen, in die nächste Generation zu gelangen, als Gene, die dazu führen, dass ihre Träger auch unter qualvollen Umständen am Leben hängen.
Unter miesen und unsicheren Umständen ist die Weitergabe von Genen aber das Letzte, an das man denkt. Wenn ich mich nicht mal selbst ernähren kann, will ich doch nicht auch noch Kinder haben.
Gut, in den Entwicklungsländern denkt man offenbar umgekehrt (viele Kinder als Altersabsicherung), aber bei uns denkt man so. Daher wohl auch der sog. "demographische Wandel" (Deutschland schafft sich ab).

A homeless girl contemplates drowning herself

Wenn das Individuum meint, daß die Lage so schlecht ist, daß es nicht weiterleben will, dann wird das eben auch von der Evolution akzeptiert.
Wenn man in der Wüste oder am Nordpol nicht leben kann, weil es für Pflanzen und andere Nahrung dort zu heiß oder zu kalt ist, dann lebt da eben kein Mensch (= Evolution). Wenn ein Mensch auf andere Zustände trifft, die ihm das Leben drastisch erschweren, dann wird er u.U. depressiv, bringt sich ggf. um, lebt dann eben nicht mehr und scheidet für die Fortpflanzung aus. Das wäre dann auch Evolution.
Mögen sich andere, denen es besser geht, vermehren.
Abendstern
Beiträge: 621
Registriert: Montag 28. September 2015, 08:03

Re: Körperlich oder seelisch krank?

Beitrag von Abendstern »

Ratten können in schlechten Zeiten Föten beispielsweise zurückbilden und sie dann bei besserer Lage austragen. Die Natur scheint also keinen Sinn darin zu sehen, bei schlechter Lage neues Leben in die Welt zu setzen, so daß am Ende weder Eltern noch Kinder überleben können und damit die ganze Art/Sippe gefährdet ist. Analog dazu beeinflußt ja auch beim Menschen Streß die Zeugungsfähigkeit.

Dann gibt es da noch den Winterschlaf. Hier werden ebenfalls alle Lebensfunktionen auf ein Minimum reduziert, um das Überleben für bessere Zeiten sichern zu können.

Insofern gehe ich davon aus, daß es sowohl das eine als auch das andere gibt: Die Reduktion der Lebensfunktionen um des Überlebens willen als auch ein Aufgeben, um ein aussichtsloses Leiden nicht unnötig zu verlängern.
Peterchen
Beiträge: 742
Registriert: Freitag 30. Januar 2015, 13:02

Re: Körperlich oder seelisch krank?

Beitrag von Peterchen »

Horla hat geschrieben: Unter miesen und unsicheren Umständen ist die Weitergabe von Genen aber das Letzte, an das man denkt. Wenn ich mich nicht mal selbst ernähren kann, will ich doch nicht auch noch Kinder haben.
Gut, in den Entwicklungsländern denkt man offenbar umgekehrt (viele Kinder als Altersabsicherung), aber bei uns denkt man so. Daher wohl auch der sog. "demographische Wandel" (Deutschland schafft sich ab).
Unser genetisches Programm ist aber in einer Zeit entstanden, in der Kinder nicht geplant wurden.
Wenn ein Mensch auf andere Zustände trifft, die ihm das Leben drastisch erschweren, dann wird er u.U. depressiv, bringt sich ggf. um, lebt dann eben nicht mehr und scheidet für die Fortpflanzung aus.
Aber gerade deshalb kann er seine Gene nicht weitergeben. Ein Anderer, der sklavisch am Leben hängt, hat dagegen eine Chance, seine Gene weiterzugeben.

Darum hätten Gene, die zum Suizid geneigt machen, immer einen starken Selektionsdruck gegen sich. Denn wenn man tot ist, dann ist die Chance auf Weitergabe der eigenen Gene 0%. Wenn man dagegen lebt, egal wie qualvoll und jämmerlich, dann liegt sie in der Regel bei über 0%.

Insofern sehe ich nicht, wie ein Suizid-Programm sich in der Evolution hätte entwickeln sollen. Möglich wäre das nur durch Gruppenselektion, die aber in der Evolution vermutlich keine große Rolle spielt.
Zuletzt geändert von Peterchen am Montag 2. Januar 2017, 23:26, insgesamt 1-mal geändert.
Peterchen
Beiträge: 742
Registriert: Freitag 30. Januar 2015, 13:02

Re: Körperlich oder seelisch krank?

Beitrag von Peterchen »

Abendstern hat geschrieben:Ratten können in schlechten Zeiten Föten beispielsweise zurückbilden und sie dann bei besserer Lage austragen. Die Natur scheint also keinen Sinn darin zu sehen, bei schlechter Lage neues Leben in die Welt zu setzen, so daß am Ende weder Eltern noch Kinder überleben können und damit die ganze Art/Sippe gefährdet ist. Analog dazu beeinflußt ja auch beim Menschen Streß die Zeugungsfähigkeit.
In diesem Fall bleibt aber die Möglichkeit, sich später fortzupflanzen. Wenn man sich umgebracht ist, ist die Weitergabe von Genen unmöglich. Von daher sehe ich nicht, wie "Suizid-Gene" sich in der natürlichen Selektion durchsetzen könnten.
Insofern gehe ich davon aus, daß es sowohl das eine als auch das andere gibt: Die Reduktion der Lebensfunktionen um des Überlebens willen als auch ein Aufgeben, um ein aussichtsloses Leiden nicht unnötig zu verlängern.
Wie gesagt: Die Evolution hat an unserem Wohlergehen kein Interesse.
Horla
Beiträge: 113
Registriert: Sonntag 28. August 2016, 16:08

Re: Körperlich oder seelisch krank?

Beitrag von Horla »

Peterchen hat geschrieben:Wie gesagt: Die Evolution hat an unserem Wohlergehen kein Interesse.
Stimmt irgendwie: Wenn einer nicht mehr schnell laufen oder effektiv kämpfen kann, wird er von einem Raubtier gefressen.
Das ist die Evolution (aber das darf man nicht auf die menschliche Gesellschaft übertragen, sonst wäre man beim Sozialdarwinismus der Nazis).
Die Frage war aber, ob Depression und Suizidalität eine im Menschen verankerte natürliche Reaktion sein könnte.
Das könnte doch sein: Wenn einer meint, daß alles so mies ist, daß es nicht mehr geht, dann ist das vielleicht so ähnlich, als wenn er nicht mehr schnell laufen kann.

Ach, was weiß ich ... ;)
Thanatos
Beiträge: 1580
Registriert: Freitag 5. Februar 2010, 10:48

Re: Körperlich oder seelisch krank?

Beitrag von Thanatos »

Horla hat geschrieben:...

Ach, was weiß ich ... ;)
Streitet doch nicht rum, Leute. :) In Richard Dawkins' „Das egoistische Gen“ ist genau diese Problematik sehr gut beleuchtet. Peterchen hat das Buch sicher gelesen, Horla vermutlich (noch?) nicht. Also nachholen. :wink:
Über das Buch selbst kann man allerdings auch wieder streiten. Besonders religiöse Fundamentalisten würden es am liebsten verbrennen...Sehr wahrscheinlich würden sie nicht nur dieses Buch gerne verbrennen, sondern alle Bücher von Dawkins und den Autor gleich mit. :mrgreen:
Ah,und Prost Neujahr allerseits,
wünscht – etwas spät –Thanatos
whocares
Beiträge: 69
Registriert: Donnerstag 3. November 2016, 17:07

Re: Körperlich oder seelisch krank?

Beitrag von whocares »

Peterchen hat geschrieben:In diesem Fall bleibt aber die Möglichkeit, sich später fortzupflanzen. Wenn man sich umgebracht ist, ist die Weitergabe von Genen unmöglich. Von daher sehe ich nicht, wie "Suizid-Gene" sich in der natürlichen Selektion durchsetzen könnten.
Hi, vorweg: ich habe beschlossen nicht mehr in threads zu diskutieren, vielleicht gibt`s mal einen längeren monologischen Beitrag (demnächst die beiden hier aufgeschnappten Sätze betreffend: `Solange der Überlebenstrieb ungeheuer mächtig ist, wollen Menschen leben` und umgekehrt...erstaunlich was einem bzw. mir dazu alles durch den Kopf geht).

Dies hier ist also eine Ausnahme (und bleibt es hoffentlich): dass ich mich in einen thread einklinke.
Aber genau zu diesem Thema (die Frage ob suizidales Verhalten ob in gelingender oder misslingender Form genetisch-adaptive Funktion hat) hatte ich mich beim Lesen eines Buches selbst für meine Verhältnisse übermässig enerviert gehabt. Das Buch ist von Sarah Perry: "Every cradle is a grave". Es ist aber, glaube ich, nur auf English erhältlich.
Nun, wer mustergültig vorgezeigt bekommen will, wie man sich evolutionär adaptive Thesen zusammenschustert (hier wohl ihrer Grundintention Nachdruck verleihen sollend), wie man solche Thesen mit angeblich seriösen empirischen Studien belegt (es waren erst noch nur bescheidene 2 Studien, die ihre These stützen sollten), für deren Absurdität mir bis heute das rechte Wort nicht einfallen will...im Englischen gibt es das Wort ludicrous oder ridiculous, (Deutsch: aberwitzig, irre, grotesk), die es ganz gut zu treffen scheinen.
Wer sich also für die eher abartigen Bemühungen gewisser Autoren, auf Teufel komm raus einen genetisch-adaptiven Prozess, hier suizidales Verhalten betreffend, zu konstruieren (es scheint so zu sein, dass ein Buch als wissenschaftlicher gilt wenn es irgendeinen Bezug herstellt zur Evolutionstheorie), der sollte das Buch mal lesen (und obwohl nicht alle Teile des Buches gleichermassen grotesk sind - suizidales Verhalten als adaptive Anpassung ist bei weitem der absurdeste - muss man feststellen, dass die Autorin auch bezüglich anderen Themen ihrem Gegenstand nicht immer in angemessener Weise gerecht wird. Aber auch durchaus Bedenkenswertes lässt sich darin finden.)
Soviel zu diesem einmaligen `Ausrutscher` in den thread Bereich.

Behüt gott!
whocares (ehemals Girlxxx)
Agnetha
Beiträge: 294
Registriert: Donnerstag 11. Februar 2016, 11:34
Wohnort: Schleswig-Holstein

Re: Körperlich oder seelisch krank?

Beitrag von Agnetha »

Bandwurmsätze ... Sehr anstrengend zu lesen, finde ich :?
Peterchen
Beiträge: 742
Registriert: Freitag 30. Januar 2015, 13:02

Re: Körperlich oder seelisch krank?

Beitrag von Peterchen »

"Das egoistische Gen" von Dawkins ist das richtige Stichwort.

Grundaussage des Buches: In der Evolution setzen sich immer die Gene durch, die für ihre eigene Replikation optimal geeignet sind. Es geht also nicht um das Wohlergehen des Individuums oder der Art, sondern nur um die Ausbreitung von Genen.

Wenn man also mutmaßt, dass der Suzid auf einem evolutionären Programm beruht, dann muss man erklären, welchen Selektionsvorteil Gene haben, die für dieses Programm verantwortlich sind. Welchen reproduktiven Vorteil hätte ein Gen, dessen Träger dazu neigen, sich bei starkem Leid umzubringen, gegenüber einem Gen, dessen Träger so lange wie möglich am Leben bleiben? Offenbar gar keinen. Denn durch den Suizid sinkt die Wahrscheinlichkeit auf Weitergabe der Gene auf Null. Eine genetisch bedingte Neigung zum Suizid oder auch nur ein Mangel an Todesangst, der z.B. dazu führt, dass eine Antilope nicht ganz so motiviert vorm Löwen davonläuft, hätte also einen starken Selektionsdruck gegen sich und würde sich nicht lange im Genpool halten.

@whocares:
whocares (ehemals Girlxxx)
Hab ich doch gewusst 8)

Das Buch "Every cradle is a grave" habe ich noch nicht gelesen. Wenn darin steht, dass Suizidalität ein adaptives Merkmal ist, dann ist das natürlich Quatsch. Was aber nicht den Rest des Buches entwerten muss.

Ich finde, das Nette am Suizid (unter anderem) ist gerade, dass man sich dabei gegen die natürliche, darwinistische Ordnung auflehnt und etwas macht, das von Rabenmutter Natur überhaupt nicht vorgesehen war.
Thanatos
Beiträge: 1580
Registriert: Freitag 5. Februar 2010, 10:48

Re: Körperlich oder seelisch krank?

Beitrag von Thanatos »

Peterchen hat geschrieben:...
Das Buch "Every cradle is a grave" habe ich noch nicht gelesen. Wenn darin steht, dass Suizidalität ein adaptives Merkmal ist, dann ist das natürlich Quatsch. ...
Soweit ich sehe, wird das strittige Thema in Perrys Buch nur in einem Kapitel von 11 Seiten angeschnitten. Überdies wird in diesem Kapitel so häufig der umschriebene Konjunktiv verwendet, dass ich daraus schließe, dass eher Vermutungen als Behauptungen geäußert werden.
Da die Autorin keine Wissenschaftlerin ist, sondern Hausfrau, Mutter und Hobby-Philosophin, darf natürlich keine akademische Perfektion erwartet werden. Dennoch ist das Buch empfehlenswert, und ich finde es spannend, dass es gerade eine Mutter wagt, ein Buch mit dem Titel „Every Cradle Is a Grave“ zu schreiben!
Natürlich ist das Thema Antinatalismus nicht jedermanns Sache. Wer brav seiner genetischen Programmierung folgt, sich als „Krone der Schöpfung“ betrachtet und fleißig weitere Krönchen zeugt, wird sich durch das Buch vielleicht sogar bedroht fühlen, weil sein „gottgegebenes Fundament“ Risse bekommen könnte..., aber er muss es ja nicht lesen. :mrgreen:
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