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Unerträgliche Schmerzen und Palliativmedizin

Verfasst: Samstag 3. September 2016, 12:37
von Mediator
Die Palliativmedizin hat während der letzten Jahre zweifellos große Fortschritte gemacht, aber die weit verbreitete Meinung, dass sich heute dank der Palliativmedizin sämtliche krankheitsbedingten Schmerzen eliminieren ließen, trifft nicht zu.

Es gibt zahlreiche Schmerzformen (wie z.B. schwere Migräneanfälle, Nervenschmerzen, Phantomschmerzen nach Amputationen oder Hochfrequenz-Tinnitus), die sich medikamentös zwar lindern, aber nicht zum Verschwinden bringen lassen und die für die betreffenden Patientinnen oder Patienten ein unerträgliches Ausmass annehmen können. Und nicht selten sind palliative Therapien mit teils schweren, die Lebensqualität einschränkenden Nebenwirkungen verbunden, die ihrerseits als unerträglich empfunden werden können.

Dieser Thread dient dem Austausch von (positiven wie negativen) Erfahrungen mit der Palliativmedizin oder anderen Schmerztherapien.

Re: Unerträgliche Schmerzen und Palliativmedizin

Verfasst: Sonntag 4. September 2016, 18:10
von Thanatos
Mediator hat geschrieben:Die Palliativmedizin hat während der letzten Jahre zweifellos große Fortschritte gemacht, aber die weit verbreitete Meinung, dass sich heute dank der Palliativmedizin sämtliche krankheitsbedingten Schmerzen eliminieren ließen, trifft nicht zu.
...
Wenn ich mich mal etwas outen darf: Ich war einige Jahre als ehrenamtlicher Hospizhelfer tätig.
Ich kann dadurch aus eigener Erfahrung bestätigen, dass sich tatsächlich nicht alle Schmerzen eliminieren lassen - trotz hervorragender Palliativversorgung mit sehr engagierten Ärzten und Pflegern, wie ich sie erlebte.
Es ist einfach ein Mythos, dass die Palliativmedizin ein schmerzfreies Sterben garantiert. In vielen Fällen ist das zwar tatsächlich möglich, aber nicht in allen Fällen.

Re: Unerträgliche Schmerzen und Palliativmedizin

Verfasst: Sonntag 4. September 2016, 18:55
von Thorsten3210
Ich kann aus eigener Erfahrung berichten (seit über 20 Jahren Schmerzpatient), dass sich einige Arten von Schmerzen nur unzureichend lindern lassen. Ich habe nozizeptive und neuropathische Schmerzen (=Nervenschmerzen), vor allem die Nervenschmerzen lassen sich nur schlecht behandeln, nicht mal durch Opioide, die auf diese Art Schmerzen schlecht ansprechen. Ich habe mehrere ambulante Schmerztherapien hinter mir (mit Medikamenten, TENS, Krankengymnastik etc.), man sagte mir dort, es wäre schon ein großer Erfolg, wenn die Schmerzen zu 50% gelindert werden können.

Re: Unerträgliche Schmerzen und Palliativmedizin

Verfasst: Sonntag 4. September 2016, 23:27
von Abendstern
Thanatos hat geschrieben:Es ist einfach ein Mythos, dass die Palliativmedizin ein schmerzfreies Sterben garantiert. In vielen Fällen ist das zwar tatsächlich möglich, aber nicht in allen Fällen.
Hach ja... So wie sich auch andere Mythen über die Möglichkeiten der Medizin leider hartnäckig halten... Und beim Laien falsche Erwartungshaltungen hervorrufen... Was die Situation für den Betroffenen auch nicht gerade vereinfacht... Nach dem Motto: Warum tun Sie denn nicht dies und tun Sie denn nicht das ... ?! :cry:

Re: Unerträgliche Schmerzen und Palliativmedizin

Verfasst: Dienstag 6. September 2016, 20:48
von Peterchen
Thanatos hat geschrieben: Es ist einfach ein Mythos, dass die Palliativmedizin ein schmerzfreies Sterben garantiert. In vielen Fällen ist das zwar tatsächlich möglich, aber nicht in allen Fällen.
Leider wird dieser Mythos absichtlich verbreitet. Besonders im letzten Herbst, und das von Leuten, die es besser wissen.

Insofern kann man auch von einer Lüge sprechen.

Re: Unerträgliche Schmerzen und Palliativmedizin

Verfasst: Mittwoch 7. September 2016, 18:02
von Thanatos
Peterchen hat geschrieben:...
Leider wird dieser Mythos absichtlich verbreitet. Besonders im letzten Herbst, und das von Leuten, die es besser wissen.
...
Ich frage mich, wer diesen Mythos eigentlich in die Welt gesetzt hat. Jedenfalls waren sich diejenigen Palliativmediziner, mit denen ich zu tun hatte, durchaus bewusst, dass sie keine Wunder vollbringen können.
Mir ist auch klar, dass die pharmazeutische Industrie und die Pflegebranche kein Interesse daran hat, dass ihre Opfer, ähm, Kunden vorzeitig sterben. An Toten lässt sich schließlich nichts mehr verdienen. Aber wer konkret war es denn nun, der diese Story verbreitete?
Und der liebe Herr Gauck glaubte wohl blindlings daran, als er das Gesetz unterschrieb...