Depressionen aus der Hölle

Es ist nur ein Lesezugriff möglich.

Moderatoren: Ludwig A. Minelli, Mediator

chris84

Re: Depressionen aus der Hölle

Beitrag von chris84 »

Und was für Antworten hat dir dein Psychiater auf deine berechtigten Fragen gegeben?
Thorsten3210
Beiträge: 1140
Registriert: Dienstag 29. September 2009, 17:27
Wohnort: Niedersachsen

Re: Depressionen aus der Hölle

Beitrag von Thorsten3210 »

Romilly, ich finde ebenso wie Chris, dass Deine Fragen sehr berechtigt sind. Vermutlich hat Dein Psychiater nur mit den Schultern gezuckt ? Ich hab gerade noch mal nachgeschaut, laut Statistischem Bundesamt lag die Lebenserwartung im Jahr 1910/11 bei Jungen bei 47 und bei Mädchen bei 51 Jahren. Heute leben wir gut 30 Jahre länger. Mir gehts wie Dir, gerne wäre ich 100 Jahre früher geboren und nur 51 Jahre alt geworden. Aber leider hätte man auch 2 Weltkriege vor sich, das ist dann nicht so toll :evil: ..... Und zur Sterbehilfe, die Bundesärztekammer argumentiert so, dass der Tod nun mal keine ärztliche Leistung sei, die machen es sich einfach.
Peterchen
Beiträge: 742
Registriert: Freitag 30. Januar 2015, 13:02

Re: Depressionen aus der Hölle

Beitrag von Peterchen »

Thorsten3210 hat geschrieben:
Und zur Sterbehilfe, die Bundesärztekammer argumentiert so, dass der Tod nun mal keine ärztliche Leistung sei, die machen es sich einfach.
Muss ja auch keine ärztliche Leistung sein. 15 g Pulver in Leitungswasser auflösen, kriege ich noch selbst hin. Wichtig wäre halt der Zugang zu geeigneten Medikamenten.
Abendstern
Beiträge: 621
Registriert: Montag 28. September 2015, 08:03

Re: Depressionen aus der Hölle

Beitrag von Abendstern »

Da waren sie wieder, die Depressionen aus der Hölle. Ich hasse Sonntage...
Abendstern
Beiträge: 621
Registriert: Montag 28. September 2015, 08:03

Re: Depressionen aus der Hölle

Beitrag von Abendstern »

Peterchen hat geschrieben:
Thorsten3210 hat geschrieben:
Und zur Sterbehilfe, die Bundesärztekammer argumentiert so, dass der Tod nun mal keine ärztliche Leistung sei, die machen es sich einfach.
Muss ja auch keine ärztliche Leistung sein. 15 g Pulver in Leitungswasser auflösen, kriege ich noch selbst hin. Wichtig wäre halt der Zugang zu geeigneten Medikamenten.
Peterchen hat den Nagel wieder einmal auf den Kopf getroffen.
coldtime

Re: Depressionen aus der Hölle

Beitrag von coldtime »

Gute Frage wie man da rauskommt. Mich hat mit etwa 17 ne ganz schlimme Psychose erwischt. Wahnvorstellungen, Paranoia, Verfolgungswahn, und Depressionen. es hat etwa 8 Monate gedauert bis ich wieder halbwegs stabil war. Was mir etwas geholfen hat, waren einsame lange Spaziergänge, wenn nicht gar Märsche, und natürlich Freunde die nie müde wurden mich hängen zu lassen. Tabletten haben nie ne Wirkung bei mir gezeigt.


Die Wahnvorstellungen waren so grausig.. :?
Gnosis
Beiträge: 30
Registriert: Sonntag 11. September 2016, 10:09

Re: Depressionen aus der Hölle

Beitrag von Gnosis »

Ich weiß nicht, wer von euch auch medikamentös behandelt wurde, aber es gibt mittlerweile Hinweise darauf, dass die langfristige Einnahme von Antidepressiva oftmals gerade zu unheilbar chronischen Depressionen führt. Siehe hier:
https://www.psychologytoday.com/blog/ma ... -dysphoria
hier
https://www.madinamerica.com/wp-content ... rticle.pdf
und hier
http://behaviorismandmentalhealth.com/2 ... long-term/
Abendstern
Beiträge: 621
Registriert: Montag 28. September 2015, 08:03

Re: Depressionen aus der Hölle

Beitrag von Abendstern »

Schön - noch jemand hier, der Psychology Today liest. ;-)

Danke, sehr interessant.

Hier einmal die Quintessenz des Artikels aus Psychology Today in zwei Sätzen:
Psychiatric drugs perturb neurotransmitter pathways in the brain, and in response to that perturbation, the brain undergoes a series of compensatory adaptations in an effort to maintain normal functioning of those systems. In scientific terms, the brain is trying restore its “homeostatic equilibrium.
"Psychopharmaka stören die Neurotransmitter-Leitungen im Gehirn - und als Antwort auf diese Störung, initiiert das Gehirn eine Serie von kompensatorischen Adaptionen in einem Versuch, die normale Funktion des Systems aufrecht zu erhalten. Wissenschaftlich ausgedrückt, versucht das Gehirn das homöostatische Gleichgewicht wiederherzustellen."

Stützt meine These, daß es völliger Quark ist, vor allem bei exogen (also nicht endogen/krankhaft) bedingten Depressionen Psychopharmaka einzusetzen, anstatt überhaupt erst einmal die äußeren Umstände zu beseitigen. Gerade bei traumatisch bedingten Depressionen kann man immerhin von einer normalen Reaktion auf ein unnormales Ereignis sprechen. Insofern ist es doch ziemlicher Blödsinn, hier die Funktionsweise des Gehirns manipulieren zu wollen, anstatt dem Menschen beispielsweise durch soziale Eingebundenheit und existentielle Absicherung überhaupt erst einmal auf rein sachlicher Basis wieder ein Gefühl von Sicherheit zu vermitteln. Und Heilung braucht eben auch Zeit. Ein Mensch ist nun einmal keine Maschine, die auf Knopfdruck funktioniert.

Ohnehin unverantwortlich, daß die meisten Ärzte gleich mal mit Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmern draufhauen, anstatt überhaupt erst einmal Laborwerte zu überprüfen. Meine waren zum Beispiel trotz Megadepressionen und Suizidtendenz nämlich bestens. Und mein Zustand wurde über die Zeit auch ohne dieses Teufelszeug besser. Neuroplastizität läßt grüßen. Aber die braucht halt eine Weile. Und Traumata vergißt die Amygdala ohnehin nicht. Das ist nämlich ihre Kernaufgabe, um das Überleben zu sichern. Das Schlimmste sind bei all dem aber mittlerweile vor allem auch die äußeren Umstände, die meine Depressionen, meine Verzweiflung und Lebensunlust in einem größeren Maß aufrecht erhalten. Mit den traumatischen Aspekten, so schlimm sie sind - und sogar mit dem Sinnverlust - könnte man sich ansonsten ja sogar noch irgendwie arrangieren, wenn dies die äußeren Lebensbedingungen eben wenigstens hergeben würden. Aber diese Abwärtsspirale, die dieses schöne Land Trauma-Opfern bereit hält, macht das Ganze erst so richtig schön zum never ending Teufelskreis mit einer grandiosen Talfahrt nach unten über alle Ebenen hinweg...

Das Beste ist ja übrigens noch, daß man gerade dabei ist, das Kuschelhormon Oxytocin zu synthetisieren, um es als Medikament auf den Markt zu bringen, anstatt dem Menschen wieder mehr Umarmungen und soziale Sicherheit zukommen zu lassen. Weit sind wir gekommen... Sehr weit... Und noch dazu ist auch Oxytocin ein zweischneidiges Schwert. Gefährliche Spielereien, das alles.
Peterchen
Beiträge: 742
Registriert: Freitag 30. Januar 2015, 13:02

Re: Depressionen aus der Hölle

Beitrag von Peterchen »

Insofern ist es doch ziemlicher Blödsinn, hier die Funktionsweise des Gehirns manipulieren zu wollen, anstatt dem Menschen beispielsweise durch soziale Eingebundenheit und existentielle Absicherung überhaupt erst einmal auf rein sachlicher Basis wieder ein Gefühl von Sicherheit zu vermitteln.
Existenzielle Absicherung könnte man politisch durchsetzen. Ich halte es ja auch für einen Skandal, dass man in einem so reichen Land selbst das Existenzminimum verlieren kann.

Soziale Eingebundenheit kann man aber nicht politisch verordnen. Das Problem ist eben, dass der soziale "Marktwert" durch Krankheit/Depression in den Keller sinkt. Ich weiß auch nicht, ob ich vor dem Ausbruch meiner Krankheit auf eine Freundschaft mit meinem kaputten heutigen Ich großen Wert gelegt hätte :roll: Da sehe ich vor dem Hintergrund des menschlichen Egoismus keine Lösung.
Abendstern
Beiträge: 621
Registriert: Montag 28. September 2015, 08:03

Re: Depressionen aus der Hölle

Beitrag von Abendstern »

Ja, ich denke schon, daß man auch soziale Eingebundenheit "verordnen" kann. :wink:

Zumindest kann man die Voraussetzungen dafür schaffen. Und alleine schon, wenn man existentiell abgesichert wäre, würde man ja auch sozial wieder interessanter werden. Ich habe seit Jahren nur meinen Kampf um meine Existenz zu berichten. Das ist ja mit der Zeit auch einfach langweilig für Außenstehende, deren Leben weiter gegangen ist. Außerdem sind finanzielle Ressourcen ja leider allein schon bei jeder Menge von heute üblichen sozialen Aktivitäten relevant. Und wenn man sich den Film "Ziemlich beste Freunde" ansieht, dann bekommt man durchaus den Eindruck, daß es sich selbst in der aussichtslosesten Lage mit Geld noch immer besser leben läßt als ohne. Wenn den ganzen Tag bemühtes Personal in einem schönen Stadtpalais um mich herumschneien würde, würde es mir jedenfalls vermutlich auch schon wesentlich besser gehen. ;-)

Aber zurück zur "Verordnung": Leider geht man heute politisch offenbar noch immer davon aus, daß man nach Schicksalsschlägen in der Familie aufgefangen wird. Bei dem starken Geburtenrückgang sind nur kaum mehr tragfähige Familien übrig geblieben. Das heißt, gerade nach Schicksalsschlägen vereinsamen viele Menschen komplett und fristen von da an alleine ein ziemlich trauriges Dasein. Deshalb wünschen sich viele, mit denen ich gesprochen habe, eine Lebensgemeinschaft mit Gleichgesinnten / Schicksalsgefährten an einem idyllischen Ort, an dem so etwas wie eine psychische Genesung überhaupt erst dauerhaft möglich wird. Es gibt ja zum Beispiel mittlerweile immer mehr Mehrgenerationenprojekte als Ansatz in diese Richtung, nur leider hat man als Schicksalsgebeutelter ja kaum die Ressourcen, um so etwas mal eben aufzubauen.

Hier wären staatliche Organe gefragt, entsprechende Angebote zu schaffen, in denen man unbürokratisch sowohl wieder eine soziale Gemeinschaft als auch so etwas wie eine Aufgabe findet. Die Art von staatlich geförderten Wohngruppen, die es heute allgemein so gibt, haben ja leider nicht unbedingt etwas Lebensbejahendes. Aber vielleicht täusche ich mich. Was ich von zwei Betreuern aus meinem Bekanntenkreis jedenfalls vernommen habe, wäre das jetzt nicht unbedingt die Sozialgemeinschaft, die ich mir so wünschen würde... Das Problem ist auch, daß staatliche Organe seltsamerweise davon auszugehen scheinen, daß man nur als bildungsferner, bereits von Geburt an völlig lebensunfähiger und möglicherweise halbkrimineller Mensch in eine so aussichtslose Situationen geraten kann, daß ein entsprechendes Angebot sinnvoll wäre... Was wiederum zur Folge hat, daß man von vielen Hilfsorganen so derart respektlos und altklug behandelt wird, als hätte man in seinem Leben noch nie etwas auf die Reihe gebracht. Und da schließt sich dann der Kreis zur nächsten depressiven Episode... :roll:
TraurigER
Beiträge: 147
Registriert: Samstag 27. März 2010, 12:12

Re: Depressionen aus der Hölle

Beitrag von TraurigER »

Ach glycerine,
ich glaube, ich führe ein Werbungsleben.
Guter Job, große Wohnung, schönes Auto. Sogar Freundin mit Kindern die mich lieben ist vorhanden.
Und mein größter Wunsch, bzw. mein Abendgebet (naja, ich bin gläubig, daher kein wirkliches Gebet)? Dass ich einschlafe und nie wieder aufwache.
Soweit zu dem Schein, wie toll die anderen da stehen.
Ich würde meinen ganzen Wohlstand heute hergeben, wenn ich dafür morgen nicht mehr aufwachen würde!!!
coldtime

Re: Depressionen aus der Hölle

Beitrag von coldtime »

Wieso?
TraurigER
Beiträge: 147
Registriert: Samstag 27. März 2010, 12:12

Re: Depressionen aus der Hölle

Beitrag von TraurigER »

Weil ich seit 23 Jahren unglücklich/traurig bin. Mal mehr, mal weniger, aber die trübe Grundstimmung ist da und ich habe die riesige Befürchtung, dass sie vor meinem Tod nicht wieder weg geht.
glycerine

Re: Depressionen aus der Hölle

Beitrag von glycerine »

Bei mir kommen Wahnvorstellungen vor dem Schlafengehen noch dazu, das wäre auch ein bisschen fad, immer bloß depressiv zu sein :wink:
Dissolved_Alice
Beiträge: 316
Registriert: Donnerstag 16. Juli 2015, 05:50
Wohnort: irgendwo dazwischen

Re: Depressionen aus der Hölle

Beitrag von Dissolved_Alice »

glycerine hat geschrieben:Bei mir kommen Wahnvorstellungen vor dem Schlafengehen noch dazu, das wäre auch ein bisschen fad, immer bloß depressiv zu sein :wink:
was sind denn das für wahnvorstellungen...?

bei mir kommen seit kurzem ganz bizarre angstzustände hinzu...
Gesperrt