Wie kann ich mein Aussehen ertragen ohne Drogen?

Für alle, die ihre Lebensprobleme und Schickale mit anderen teilen möchten

Moderatoren: Ludwig A. Minelli, Mediator

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Seit Jahren
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Wie kann ich mein Aussehen ertragen ohne Drogen?

Beitrag von Seit Jahren »

Ich war heute in einem Geschäft und habe kurz was angeschaut und in der Umkleidekabine anprobiert. Dabei ist das passiert, was immer passiert: ich habe mich in den Spiegeln gesehen, die es auf allen Seiten hatte. Von allen Seiten.

Das Traurige ist, dass ich mich nicht "einfach hässlich" finde. Denn da könnte man sich ja fragen ob es etwas mit meiner Einstellung oder meinem Selbstwertgefühl zu tun hat... Nein. Von hinten finde ich mich richtig nett. Schöne Haare, schöne Figur. Beides zumindest teilweise selbstverschuldet. Ich finde meine Haut schön, meine Augen, meine Lippen usw. ABER mein Überbiss zerstört alles. Ich sehe wie eine Witzfigur aus. Auf eine lächerliche Art einfach potthässlich.

Als Kind war es noch nicht so und irgendwie ist mir die Entwicklung entgangen und ich habe erst vor ein paar Jahren gemerkt wie ich aussehe. Vielleicht habe ich ja auch angefangen es zu verdrängen irgendwann. Es macht mich traurig. Irgendwo finde ich, dass das im Spiegel und auf den Fotos gar nicht ich bin. Ich habe es wirklich verpasst. Wie sich mein Aussehen verändert hat. Hatte tausend andere Probleme als mein Aussehen beim Aufwachsen, und mich auch nie sonderlich geschminkt oder so. Meist zu depressiv oder in einer Traumwelt und sowieso Aussenseiterin, wozu hübsch machen? Und jetzt, vielleicht weil es mir irgendwie besser geht und ich mein Leben "in Angriff" nehmen kann/will werde ich damit konfrontiert was aus mir geworden ist. Ich schwöre, es ist mir in dieser Form wirklich entgangen. Als hätte ich geschlafen.

Mittlerweile sind es doch schon ein paar Jahre, an denen ich an meinem Aussehen herumkaue. Wenn ich zurückblicke ist es eigentlich doch schon länger her. Keine Ahnung, es ist so verwirrend. Es widerspricht sich mit meinem "Ich habe es verschlafen, wie ich mich so entwickelt habe". Es ist beides teilweise wahr. Vielleicht habe ich früher die meiste Zeit irgendwie "abgestellt" und war nur manchmal kurz damit konfrontiert. Wenn ich jedoch weiter zurückgehe war ich immer die, für die sich keiner interessiert hat (vom anderen Geschlecht). Meine "Kolleginen", egal was für einen Charakter sie hatten, waren die Attraktiveren. Ausserdem ergeben andere Dinge auf einmal Sinn: dass mir von den unterschiedlichsten Menschen häufig "Böses" unterstellt worden ist. Hatte das einfach hingenommen mehr oder weniger. Als gegeben. Aber seien wir ehrlich, wenn sich einen neue Klasse bildet und ich mich nicht grossartig abweichend verhalte, wieso bin ich die, mit der keiner etwas zu tun haben will?

Ich wurde in der Schulzeit mehr als einmal "die Hässliche" genannt, oder auch "hässliche Schl*mp*". In der Ausbildung wurde ich sehr krass negativ bewertet. Quasi 0 von 10 Punkten. Rückblickend, vielleicht mit neugewonnenem Selbstbewusstsein, muss ich sagen, dass das so einfach nicht stimmen KANN. Ich habe mir damals Mühe gegeben. Bis zum Zusammenbruch. Zuhause in der Freizeit hatte ich überhaupt keine Kraft mehr. Ich würde mich als zumindest leicht perfektionistisch bezeichnen. So schlecht kann ich einfach nicht alles gemacht haben. Wieso wollte mich die Ausbildnerin um jeden Preis loswerden? Sie hat mir auch Angst vor der Abschlussprüfung gemacht und so, ich überinterpretiere die schlechte Bewertung alleine nicht alls loswerden wollen.

Sorry, ich erzähle mal wieder viel zu viel von mir und jammere herum. Kurze Zusammenfassung: wenn ich mich auf einem Foto oder von der Seite sehe ist es, als wäre der Schalter von "neutral" auf "ich will am liebsten sofort sterben" umgelegt. Hab kein Geld für dauernd auf Drogen zu sein, wie soll ich das ertragen? Ich versuche schon, eine Behandlung zu bekommen wegen dem Überbiss, aber das dauert und schon der Anfang ist irgendwie verhext. So oder so wird es nicht morgen anders sein, sofern es klappt. Hab leider auch nicht die Gewissheit, dass ich eine Veränderung erleben darf jemals. Besser als die totale Hilflosigkeit die letzten Jahre: ich tue jetzt innerlich so, als wäre es eine Entstellung, die nicht zu mir gehört und die ich nicht hinnehmen kann. Ich warte quasi nur darauf bis es normal ist, es ist ein Übergang, wie ein Gips. Aber die Realität ist ja trotzdem da: wir wissen es nicht.
Peterchen
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Re: Wie kann ich mein Aussehen ertragen ohne Drogen?

Beitrag von Peterchen »

Da es eine Behandlung gibt, gibt es doch eine Perspektive. Das ist eine andere Situation als wenn du wüsstest, dass du bis zu deinem Tod mit diesem Problem leben musst.

Von daher würde ich mir etwas Optimismus gönnen. Den Freitod kannst du als Ersatzlösung im Hinterkopf behalten, und dir damit die Angst nehmen, dass es mit der Behandlung vielleicht doch nicht klappt.


Ein politisch korrekter Mensch würde natürlich sagen, dass ein hässliches Gesicht kein Grund ist, sich das Leben zu nehmen. Und ein noch korrekterer Mensch würde sagen, dass es keine hässlichen Gesichter gibt. Aber damit werde ich nicht anfangen. Aussehen hat einen riesigen Einfluss auf die Lebensqualität und die soziale Akzeptanz, und ich bin sicher, dass ein hässliches Gesicht einem das Leben verderben kann. Also wenn du das Problem nicht loswirst und keine Lust hast, in diesem Zustand weiterzuleben, dann sollte man das respektieren.
Zukunft
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Re: Wie kann ich mein Aussehen ertragen ohne Drogen?

Beitrag von Zukunft »

Es gibt ja dazu auch zwei Ansichten:

Wie sehe ich mich selbst und wie sehen mich andere.
Fast jeder hat an sich selbst etwas auszusetzen von dem andere sagen quatsch, was du wieder hast...

Du bist doch nicht wirklich aufgrund von Krankheit oder Unfall entstellt.
Ich weiß, es ist nicht einfach aber einen leichten Überbiss kan man/Frau auch überbewerten.

Für mich z.b. wärten Treue, Ehrlichkeit, Zusammenhalt vielfach wichtiger.
Thorsten3210
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Re: Wie kann ich mein Aussehen ertragen ohne Drogen?

Beitrag von Thorsten3210 »

Immerhin hast Du einen festen Freund, und der scheint Dich bestimmt nicht häßlich zu finden. Du bist sehr auf Dein Problem mit dem Überbiss fixiert, vielleicht bist Du auch zu streng mit Dir ? Ich will Dein Problem nicht kleinreden, ich glaube Dir auch, dass Du daran leidest. Das ist ja auch immer subkektiv mit dem Leidensdruck. Schön wäre es, wenn die Krankenkasse die Behandlungskosten übernehmen würde.
Agnetha
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Re: Wie kann ich mein Aussehen ertragen ohne Drogen?

Beitrag von Agnetha »

Ich kann es gut nachvollziehen, dass man mit seinem aussehen Probleme hat. Ich mochte meine Nase nie und habe immer Fotos von mir im Profil gehasst. Ich habe sie mir dann vor ein paar Jahren korrigieren lassen und fühle mich seitdem viel wohler. Die kosten musste ich allerdings selbst tragen.
Thorsten3210
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Re: Wie kann ich mein Aussehen ertragen ohne Drogen?

Beitrag von Thorsten3210 »

Agnetha hat geschrieben:Ich kann es gut nachvollziehen, dass man mit seinem aussehen Probleme hat. Ich mochte meine Nase nie
Aber ich nehme an, dass Du Dich deshalb nie hättest umbringen wollen/können, hingegen bei "Seit Jahren" ist der Leidensdruck wegen ihrem Überbiss so groß, dass sie Suizidgedanken hat. Das Problem ist ja auch, wenn man sich selber hässlich fühlt, strahlt man das nach aussen aus und wirkt auf andere negativ, unsympathisch und vielleicht sogar abweisend. Ich hatte mal eine Doku gesehen, da war eine Frau mit über 250 kg, die trotzdem eine so positive Ausstrahlung hatte und vor allem sich selber als wunderschön empfand. Woher auch immer sie diese positive Sicht nahm.
SSchluSS2
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Re: Wie kann ich mein Aussehen ertragen ohne Drogen?

Beitrag von SSchluSS2 »

Seit Jahren hat geschrieben:ABER mein Überbiss zerstört alles.
Da gehts Dir ja wie mir, wir sollten heiraten.
So jetzt wirds aber zeit bevor der aldi zumacht.
Seit Jahren
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Re: Wie kann ich mein Aussehen ertragen ohne Drogen?

Beitrag von Seit Jahren »

@Peterchen: danke für Deine Ehrlichkeit ("es gibt keine hässliche Menschen") und dein Verständnis.

@Zukunft: Ich bin aktuell davon überzeugt, dass es objektive Merkmale für "Schönheit/Hässlichkeit" gibt. Damit meine ich nicht das jemand lieber einen anderen Hautton haben möchte (wo es dann wirklich mehr Geschmackssache ist) sondern eben Objektives. Manchmal habe ich sowas wie einen latenten Wunsch dannach, entstellt zu sein. Zum Beispiel durch eine Narbe. Ich denke ich würde dann würdevoller aussehen, wie ein Wesen mit Seele das entstellt ist. So bin ich von Grund auf hässlich, von Innen hässlich quasi. Da es kein Fremdkörper ist. Ich will damit nicht sagen, dass ich lieber entstellt sein will als nicht entstellt zu sein. Und es gibt sicher viele Varianten entstellt zu sein, die nicht schön sein und worunter Betroffene stark darunter leiden. Aber so eine kleine Schnittnarbe z.B. würde mich weniger eklig machen als der Überbiss denke ich. Ist ja auch nicht das einzige, ich habe eine sehr grosse Nase mit einem Knochen"plateau", und sie ist krum. Desweiteren ist mein Gesicht sehr stark asymetrisch. Treue, Ehrlichkeit, Zusammenhalt... inwiefern? Dass ich mein Aussehen quasi mit besonders treu und ehrlich sein kompensieren soll? Das tue ich vermutlich bereits und das will ich nicht. Hab die Schnauze voll davon, mich extra zu bemühen um akzeptiert zu werden. Zum Thema "wie sehe ich mich selbst, und wie sehen mich andere": ich glaube, ich habe mal gelesen, dass man sich selbst zu 20% attraktiver wahrnimmt als es andere tun....

@Thorsten: danke auch Dir dafür, dass du mir glaubst und es nicht kleinreden willst. Ja, ich habe einen Freund. Ich kann mir wirklich nicht vorstellen, wie er mich nicht hässlich finden kann. Vielleicht hat er ja einen Gendefekt oder so und dadurch keine Hässlichkeitswahrnehmung.

Dass sich jemand mit 250kg als schön empfindet ist schon... krass? Also bei Untergewicht tun ja alle so als wäre es krank, wieso wird es bei so einem massiven Übergewicht akzeptiert oder sogar gefeiert? Aber schön für sie, wenn es wirklich so ist. Ist ja sonst ziemlich frustrierend, wenn man so schwer ist, und wenn man abnehmen würde hätte man überall überschüssige Haut. Ich glaube ich habe eine einigermassen "schöne" Ausstrahlung, wenn ich nicht gerade sehr depressiv bin.

@Agnetha: Geschichten wie Deine mit der Nase habe ich schon oft gehört/gelesen. Das gibt mir das Gefühl, dass auch ich an Lebensqualität gewinnen könnte nach einer Korrektur. Gibt ja auch einen Haufen Leute die sagen: deine Probleme gehen dadurch nicht weg, etc. Ich denke ja nicht dass dadurch meine Probleme weggehen, ich erwarte nicht mal, dasss ich mich dannach hübsch finde. Aber eben deutlich weniger hässlich und andere nehmen mich nicht mehr als faul, unzuverlässig, dumm usw. wahr.

@SSchluSS: willkommen im Club. Du verstehst mich und ich verstehe Dich.
Zukunft
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Registriert: Donnerstag 19. Januar 2012, 19:55

Re: Wie kann ich mein Aussehen ertragen ohne Drogen?

Beitrag von Zukunft »

@ seit Jahren

Selbstverständlich meinte ich nicht, dass du irgend etwas mit Treue und Zuverlässigkeit kompensieren sollst/musst.
Ich drücke mich mal anders aus...

Sicherlich ist beim kennenlernen das erste, was wahrgenommern wird, das aussehen. Wer will das leugnen. Auf den 2. Blick trennt sich früher oder später die Spreu vom Weizen. Das bedeutet z.B für mich (wenn ich einen Partner bzw. Partnerin suchen würde), wer passt auf lange Sicht am besten zu meinen persönlichen Eigenschaften, Lebensweise, Interessen usw... Und das muss nicht de schönste Person sein.

Ok wer nur ein kurzes Abenteuer sucht, wird wohl nur nach dem Aussehen schauen.

Aber welche Optionen hast du?

Hast du die Kraft und die Mittel dein Aussehen ändern zu lassen? Hast du die Zeit, mit entsprechender Hilfe zu lernen, dich so zu akzeptieren wie du bist ?

Welcher Weg könnte dein Weg sein ?

Viele Grüße

Zukunft
SSchluSS2
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Registriert: Mittwoch 1. September 2010, 08:12

Re: Wie kann ich mein Aussehen ertragen ohne Drogen?

Beitrag von SSchluSS2 »

Seit Jahren hat geschrieben: Manchmal habe ich sowas wie einen latenten Wunsch dannach, entstellt zu sein. Zum Beispiel durch eine Narbe.
Du schreibst mir ja echt aus der Seele. Früher wollte ich auch immer Narben, dass meine hässliche Gesichtsform nicht so auffällt. Dieses Problem hat sich für mich allerdings erledigt. Mir sinds schon zuviel.

Schade, dass man hier, anders als in den USA, kein Schmerzensgeld bekommt. So oft wie ich nachts in die Notaufnahme eingeliefert worden bin, könnt ich für jeden Sterbewilligen hier den Freitod 100x bezahlen.
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